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360° TOP-Thema: Krebspatienten im Krankenhaus oder zu Hause versterben?

Medizin am Abend Berlin Fazit: Einblicke in Behandlung während der letzten Lebensmonate

Ob Krebspatienten im Krankenhaus oder zu Hause versterben, welche Behandlungen in den letzten Lebensmonaten durchgeführt und welche Kosten dadurch verursacht werden, hängt von strukturellen und kulturellen Besonderheiten in einem Land ab. Dies zeigt eine internationale Studie unter Beteiligung des Hamburg Center for Health Economics (HCHE), die die Inanspruchnahme und Kosten von Gesundheitsleistungen in den letzten Lebensmonaten in sieben Ländern untersucht hat. 
 
Obwohl die Hospitalisierungsrate zum Lebensende in Deutschland im internationalen Vergleich eher gering ist, verbringt immer noch ein großer Anteil der Patienten ihren letzten Lebenstag im Krankenhaus.

Bezüglich Ressourceneinsatz und Kosten liegt Deutschland im Mittelfeld.

  • Deutschland zählt mit Belgien, England, Kanada und Norwegen zu den Ländern, in denen ein Großteil der Patienten im Krankenhaus verstirbt – im Gegensatz zu den Niederlanden und den USA. 

Die USA verzeichnet mit nur 22 Prozent die geringste Sterberate in Krankenhäusern.

  • „Ein Grund dafür sind die Krankenhausvergütungssätze in Amerika, die wesentlich höher sind als in allen anderen Ländern“, so Prof. Dr. Rudolf Blankart, der sich gerade auf einem Forschungsaufenthalt in den USA befindet. 

„Der Kostendruck in den USA bedingte den erheblichen Ausbau von Pflegeeinrichtungen und Hospizen in den letzten Jahrzehnten und somit konnte die Sterberate in Krankenhäusern kontinuierlich gesenkt werden“. Diese Entwicklung ist aber durchaus im Sinne der Patienten: „Immer wieder konnte in Studien gezeigt werden, dass Patienten eher in ihrem gewohnten häuslichen Umfeld und nicht im Krankenhaus versterben möchten“, so der HCHE-Forscher weiter.

Belgien, England, Kanada und Norwegen liegen an der Spitze der Krankenhauseinweisungen.

In diesen Ländern wurden mehr als 80 Prozent der Krebspatienten in den letzten sechs Lebensmonaten ins Krankenhaus eingewiesen.

In Belgien und Kanada verstirbt dort auch mehr als jeder zweite Krebspatient. In Deutschland werden nur rund 70 Prozent der Krebspatienten innerhalb der letzten sechs Monate im Krankenhaus aufgenommen, wobei nur circa 38 Prozent dort auch ihren letzten Lebenstag verbringen.

Obwohl in den USA die wenigsten Patienten im Krankenhaus versterben, der Anteil Krankenhauseinweisungen nur im Mittelfeld und die Aufenthaltsdauer bei rund der Hälfte im Vergleich zu den anderen Ländern liegt, gehören die USA mit Kanada und Norwegen zu den Ländern mit den höchsten Krankenhauskosten in den letzten sechs Lebensmonaten.

Die hohen Krankenhauskosten der USA resultieren unter anderem aus der hohen Behandlungsintensität. 

Während in den USA über 40 Prozent der aufgenommenen Patienten auf der Intensivstation behandelt werden, ist der Anteil in Deutschland mit rund acht Prozent bedeutend geringer.

In den USA erfolgt die Behandlung in der Intensivstation aber nicht nur doppelt so häufig, sondern auch mit 3,6 Tagen mehr als doppelt so lang wie in allen anderen untersuchten Ländern.

Auch bezüglich des Einsatzes von Chemotherapie liegen die USA weit vorne.

Während in den Niederlanden nur 18 Prozent eine Chemotherapie während der letzten 180 Tagen vor dem Tod erhalten, sind es in den USA fast 39 Prozent.

Deutschland liegt mit 28 Prozent im internationalen Mittelfeld. „Der Einsatz einer Chemotherapie während der letzten Lebensmonate muss sorgsam abgewogen werden, da auch die neuen chemotherapeutischen Wirkstoffe oft mit erheblichen Nebenwirkungen einhergehen“, gibt Rudolf Blankart zu bedenken.

Insgesamt haben die beteiligten Forscher fast 400.000 Patienten in Amerika, Belgien, England, Kanada, den Niederlanden, Norwegen und Deutschland untersucht. „Eine Studie derartiger Größenordnung ist immer eine Herausforderung, da vergleichbare Daten in hoher Qualität in allen Ländern vorliegen müssen“, so Prof. Dr. Rudolf Blankart, der diese Arbeit im Rahmen des Harkness/B. Braun Stiftung Fellowship in Health Care Policy and Practice an der Brown University in den USA maßgeblich vorangetrieben hat. Für Deutschland wurden dabei anonymisierte Daten von der BARMER GEK ausgewertet.

Originalquelle:
Bekelman JE, SD Halpern, CR Blankart, JP Bynum, J Cohen, R Fowler, S Kaasa, L Kwietniewski, HO Melberg, B Onwuteaka-Philipsen, M Oosterveld-Vlug, A Pring, J Schreyögg, CM Ulrich, J Verne, H Wunsch and EJ Emanuel: Comparison of Site of Death, Heath Care Utilization, and Hospital Expenditures for Patients Dying with Cancer in Seven Developed Countries. JAMA. 2016; 315(3):1-12

Über das HCHE
Das Hamburg Center for Health Economics ist ein gemeinsames Forschungszentrum der Universität Hamburg und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). 2010 gegründet, gehört das HCHE heute bereits zu den größten gesundheitsökonomischen Zentren in Europa. Mehr als 50 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus Ökonomie und Medizin arbeiten gemeinsam an Lösungen aktueller und künftiger Fragestellungen der Gesundheitsversorgung. Als eines von vier gesundheitsökonomischen Zentren in Deutschland erhält das HCHE eine Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung für den weiteren Ausbau.

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Kognitive Belastungen beim Lesen im Internet

Medizin am Abend Berlin Fazit: Was Pupillengröße und Hirnströme verraten können

Seit Jahren thematisieren Experten die Auswirkungen des Internets auf unser tägliches Leben, auf unsere Art zu denken und unser Gehirn. Der allgegenwärtige Zugriff auf die verschiedensten hypermedialen Informationsangebote im Web bietet Vorteile. Andererseits: Leiden wir nicht zunehmend unter der Last der Informationsüberflutung? Wird unser Leseverhalten nicht zwangsläufig immer oberflächlicher?
In einer aktuellen Studie haben Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Wissensmedien (IWM) mit einer neuartigen Methode der kombinierten Hirnstrom- und Blickbewegungsmessung versucht, der kognitiven Belastung beim Lesen von hypermedialen Informationsangeboten besser auf die Spur zu kommen. 


Es ist nicht nur die schiere Menge an Informationen, die beim Lesen in den umfangreichen Hypertexten im Internet Probleme bereitet, gutes digitales Lesen, z. B. in der Wikipedia, setzt zusätzlich auch mehr Eigenaktivitäten voraus als das Lesen in Büchern.

Digitales Lesen verlangt z. B. permanente Überlegungen zur Auswahl von Links, zur Einschätzung ihrer Relevanz und Qualität, aber auch zur Herstellung von inhaltlichen Zusammenhängen zwischen den vernetzten Informationsangeboten.

Was passiert bei derartigen Leseprozessen im Kopf? Wie stark werden wir tatsächlich kognitiv durch sie belastet?

Und vor allem: Wie lässt sich diese Belastung möglichst objektiv erfassen? Zu derartigen Fragen führten Wissenschaftler der Arbeitsgruppe Multimodale Interaktion des IWM unterschiedliche Studien durch. Diese sollten vor allem Belastungen des sogenannten Arbeitsgedächtnisses beim Hypertextlesen nachweisen, jener "Zentrale" im Gehirn, in der neue Informationen mit bekanntem Wissen verknüpft und verarbeitet werden.

Das Arbeitsgedächtnis ist beim Lesen ohnehin schon gefordert, z. B. um einen Text zu verstehen und dabei eigene Schlussfolgerungen zu ziehen. Hypertexte könnten hier eine zusätzliche Belastungsquelle darstellen: Erreicht der Leser einen Hyperlink, so muss er sich entscheiden, ob er diesem folgen soll oder nicht. Dieser Entscheidungsprozess findet im Arbeitsgedächtnis statt.

  • Stößt man beim Lesen auf einen Hyperlink, so könnte dies jeweils zu einer besonders hohen kognitiven Belastung führen. 

Um dies nachzuweisen, nutzen Dr. Christian Scharinger, Dr. Yvonne Kammerer und Prof. Dr. Peter Gerjets vom IWM eine innovative Methode in ihrer experimentellen Forschung: Die kombinierte Erhebung von Blickbewegungsdaten und Frequenzenergiedaten des Elektroenzephalogramms (EEG). Die Größe der Pupille sowie die Energie der Hirnströme in bestimmten Frequenzbereichen des EEG zeigen dabei das Ausmaß an kognitiver Belastung an, wie zuvor in einer Arbeitsgedächtnis-Studie mit Laboraufgaben gezeigt werden konnte.

Erstmalig wurde diese Methode nun auf eine freie Lesesituation mit (simulierten) Hyperlinks übertragen. Mit Hilfe der Blickbewegungsmessung konnte für jeden Zeitpunkt bestimmt werden, ob Textbereiche mit bzw. ohne Hyperlinks gelesen wurden.

Auf diese Weise lässt sich vergleichen, ob sich die Größe der Pupille sowie die Energie der Hirnströme in Abhängigkeit davon unterscheiden, ob ein gerade gelesener Satz Hyperlinks enthält oder nicht. 

"Wie vermutet, zeigte sich beim Lesen von Sätzen mit Hyperlinks, dass die an dieser Stelle auftretenden Entscheidungsprozesse im Vergleich zu reinem Lesen tatsächlich zu erhöhter kognitiver Belastung führten,“ so Dr. Christian Scharinger, der die Studie federführend betreut hat. Dies war sowohl in der Energieveränderung der Hirnströme im EEG als auch in einer Vergrößerung der Pupille erkennbar. Die mit dem digitalen Lesen verbundenen kognitiven Anforderungen lassen sich damit bis auf die Ebene von Gehirnprozessen nachweisen.

In zukünftigen Studien möchte die Gruppe um Prof. Gerjets die Methode der kombinierten EEG-Blickbewegungs-Analyse nutzen, um kognitive Belastungen auch bei echten Hypertexten aus dem Internet (z. B. Wikipedia-Artikel) zu analysieren, aber auch um multimediale Lernangebote zu erforschen, die eine Verknüpfung von Text- und Bildinformationen im Arbeitsgedächtnis erfordern.

Ergebnisse dieser Studien könnten dazu beitragen, Hypertexte und multimediale Lernmaterialien möglichst nutzerfreundlich und effektiv zu gestalten, indem unnötige Belastungen des Arbeitsgedächtnisses vermieden werden.

Mehr Informationen:

Link zur Arbeitsgedächtnis-Studie mit Laboraufgaben:

http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/psyp.12500/abstract

Link zur Hypertext-Studie: http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0130608


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Prof. Dr. Peter Gerjets, Leibniz-Institut für Wissensmedien, Schleichstraße 6, 72076 Tübingen, Tel.: 07071/ 979-219, E-Mail: p.gerjets@iwm-tuebingen.de


Das Leibniz-Institut für Wissensmedien
Das Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM) in Tübingen erforscht das Lehren und Lernen mit digitalen Technologien. Rund 80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Kognitions-, Verhaltens- und Sozialwissenschaften arbeiten multidisziplinär an Forschungsfragen zum individuellen und kooperativen Wissenserwerb in medialen Umgebungen. Seit 2009 unterhält das IWM gemeinsam mit der Universität Tübingen Deutschlands ersten Leibniz-WissenschaftsCampus zum Thema „Bildung in Informationsumwelten“. Internetadresse: www.iwm-tuebingen.de.

Dr. Evamarie Blattner
Leibniz-Institut für Wissensmedien, Schleichstraße 6, 72076 Tübingen,
Tel.: 07071/ 979-222, E-Mail: presse@iwm-tuebingen.de

Die Leibniz-Gemeinschaft
Die Leibniz-Gemeinschaft verbindet 88 selbständige Forschungseinrichtungen. Ihre Ausrichtung reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts-, Raum- und Sozialwissenschaften bis zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute widmen sich gesellschaftlich, ökonomisch und ökologisch relevanten Fragen. Sie betreiben erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung, auch in den übergreifenden Leibniz-Forschungsverbünden, sind oder unterhalten wissenschaftliche Infrastrukturen und bieten forschungsbasierte Dienstleistungen an. Die Leibniz-Gemeinschaft setzt Schwerpunkte im Wissenstransfer, vor allem mit den Leibniz-Forschungsmuseen. Sie berät und informiert Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Leibniz-Einrichtungen pflegen enge Kooperationen mit den Hochschulen u.a. in Form der Leibniz-WissenschaftsCampi, mit der Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Sie unterliegen einem transparenten und unabhängigen Begutachtungsverfahren. Aufgrund ihrer gesamtstaatlichen Bedeutung fördern Bund und Länder die Institute der Leibniz-Gemeinschaft gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen rund 18.100 Personen, darunter 9.200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,6 Milliarden Euro. www.leibniz-gemeinschaft.de

360°-TOP: Marathon und Ultramarathon Lauf - Gesundheitsschädlich?

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Ultramarathon: neue Erkenntnisse zur Belastungssituation von Extremsportlern

Nicht zuletzt die Teilnehmer des alljährlichen Ulmer Einstein-Marathons dürften aufatmen: Extreme Laufbelastungen führen bei durchtrainierten Sportlerinnen und Sportlern zu keinen dauerhaften Schädigungen am Hirn und den Gelenken. Vielmehr zeigte der Knorpel der Fuß- und Sprunggelenke auch während des Laufens ein erstaunliches Regenerationspotential. So lauten die jetzt publizierten Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitforschung zum Transeuropa-Lauf von 2009, der seinerzeit von einem Mediziner- und Forscherteam um Dr. Uwe Schütz aus der Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Ulm mit einem mobilen Kernspingerät (MRT) begleitet wurde. 
 Dr. Schütz (links) und Dr. Billich im Jahre 2009 vor dem mobilen MRT-Gerät
Dr. Schütz (links) und Dr. Billich im Jahre 2009 vor dem mobilen MRT-Gerät Foto: Universitätsklinikum Ulm
 
Auf diese Weise konnten einmalige Daten von den teilnehmenden Extremsportlern gewonnen werden, die tiefe Einblicke in die Auswirkungen eines Ultramarathons auf den menschlichen Körper geben.

Wohlgemerkt: Der Vergleich zwischen einem Marathonlauf (42,2 Kilometer) und einem Ultramarathon (in diesem Fall 4.487,7 Kilometer) hinkt zugegebenermaßen, doch die Erkenntnis, dass extremes Laufen überhaupt zu signifikanten Veränderungen im Bereich der grauen Hirnsubstanz führen kann, dürfte wohl ganz besonders intensiv trainierenden Sportfreunden zumindest ein kurzes Stirnrunzeln abringen …
  • „Die Auswertung der MRT-Aufnahmen zeigte, dass das Volumen der grauen Hirnsubstanz am Ende der gut zwei Monate dauernden Extrembelastung im Durchschnitt um 6,1 Prozent zurückgegangen war. 
Dabei waren einige Hirnbereiche mehr und andere weniger betroffen“, erläutert Projektleiter Dr. Uwe Schütz. Doch der Wissenschaftler kann beruhigen:

„Nach acht Monaten zeigten erneute MRT-Aufnahmen, dass sich die Hirnsignale der Ultraathleten wieder vollkommen erholt hatten.“
  • Zum Vergleich: Im Verlauf natürlicher Alterungsprozesse kommt es durchschnittlich zu einem Rückgang der grauen Hirnsubstanz um 0,2 Prozent pro Jahr. 
Mediziner sprechen in diesem Fall von einer Atrophie des Gehirns, die unumkehrbar ist. 
„Und das ist der große Unterschied zu den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Transeuropa-Laufs“, bilanziert Dr. Schütz.

Es konnten bei den durchtrainierten Extremsportlern keine dauerhaften Hirnschädigungen festgestellt werden. Das beobachtete Phänomen der vorübergehenden Hirnvolumenreduktion kann nach Meinung von Hirnforschern vor allem dadurch erklärt werden, dass durch das ultralaufbedingte überdurchschnittlich hohe Energiedefizit, mit weitgehendem Aufbrauch relevanter Fettreserven des Körpers, auch das Gehirn versucht Energie einzusparen, und daher die während eines solchen wochenlangen Transkontinentallaufes weniger benötigten Hirnareale vorübergehend „abschaltet“.

Lückenlose Dokumentation
Das eigentliche Hauptaugenmerk der Forschung lag auf den Auswirkungen auf die Gelenke der 67 Sportlerinnen und Sportler, von denen 45 die Strecke von der süditalienischen Hafenstadt Bari bis zum Nordkap schafften. Aus wissenschaftlicher Sicht wertvoll war die besondere Möglichkeit, die gesamten Veränderungsprozesse in den Körpern lückenlos feststellen zu können. Normalerweise beschränken sich sportmedizinische Studien nämlich auf einen Vorher-Nachher-Befund.

Störungen im Knorpel
Alle drei bis vier Tage untersuchten die Ulmer Wissenschaftler die Teilnehmer aus zwölf Nationen, die täglich zwischen 44 und 95 Kilometern laufend zurücklegten. „Die MRT-Aufnahmen, die wir in unserem eigens mitgeführten Lkw anfertigten, zeigten schnell, dass die Gelenke auf die Strapazen signifikant reagierten“, erläutert Projektleiter Schütz.

„Es kam auf den ersten 1.500 Kilometern in allen Gelenken zu einer Zunahme der sogenannten T2-gewichteten Signale, darunter ist ein Marker zu verstehen, der eine Störung im Knorpel anzeigt“, so Dr. Schütz weiter. 

Von dieser Beobachtung nimmt er lediglich die Kniescheibe aus, da dieses Teilgelenk des Kniegelenkes beim Laufen auf der Ebene keine relevante Belastung erfährt.

Was bedeutet die T2-Zunahme? Die Forscher gehen davon aus, dass aufgrund der Extrembelastung der Verlauf der oberflächlichen Kollagenfasern gestört wurde und durch teilweise Zerstörung von Knorpelmatrixproteinen der Wassergehalt des Knorpels zugenommen hatte.

„Im Bereich des Sprunggelenks konnten wir einen T2-Anstieg um 20,9 Prozent, im Knöchel um 25,6 Prozent und im Bereich des Mittelfußes um 26,3 Prozent feststellen“, sagt Schütz. Spitzenreiter sei ein Bereich des Kniegelenks (Femorotibialgelenk) mit Werten bis zu 44 Prozent gewesen.

Gelenke erholten sich noch während des Extremlaufs
  • Je mehr Kilometer jedoch im Verlauf des „Transeuropa-Laufs“ zurückgelegt wurden, umso mehr erholte sich der Gelenkknorpel, was eine neue und erstaunliche Beobachtung ist.
 Lediglich im Kniegelenk blieben die Werte erhöht. „Wir hatten eigentlich erwartet, dass die Fußgelenke auf Dauer anfälliger sind, denn ihre Gelenkfläche ist kleiner, damit ist auch die Belastung pro Flächeneinheit größer“, führt Studienleiter Schütz aus. 

Darüber hinaus sei interessant, dass sich der Durchmesser der Achillesferse vergrößert habe.

Knöcherne Strukturen insgesamt seien durch die enormen Belastungen tendenziell nicht in Mitleidenschaft gezogen worden, auch wenn es bei zwei Läufern zu Ermüdungsbrüchen im späteren Rennverlauf kam.

Weitere Information:
Der „Transeuropa-Lauf“ fand vom 19. April bis 21. Juni 2009 statt und führte über 4.487,7 Kilometer von Bari bis zum Nordkap. Das Forschungsprojekt der Ulmer Wissenschaftler wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit 200.000 Euro gefördert. Das mobile MRT-Gerät inklusive eines separaten Stromaggregats wurde auf einem Sattelzug mit einem Gesamtgewicht von 37 Tonnen durch ganz Europa transportiert. Die Ulmer Wissenschaftler fertigten nicht nur MRT-Aufnahmen an, sondern nahmen täglich Messungen der Temperatur und Hautfaltendicke vor. Hinzu kam die Entnahme von Urin- und Blutproben.

Die Klinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie (Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Meinrad Beer) bietet mit ihren drei Standorten auf dem Oberen Eselsberg, dem Michelsberg und in Günzburg ein sehr breites Spektrum an modernen und schonenden Bildgebungsverfahren sowie minimal-invasiven Therapieverfahren an. Neben dem klassischen Röntgen gehören unter anderem CT sowie MRT, Sonographie, Mammographie und Angiographie zum Leistungsangebot.


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Jörg Portius
Universitätsklinikum Ulm
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360° Zika - Viren: In Europa und Deutschland? Mückenart Aedes aegypti: Olympia 2016 in Brasilien

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Zika-Viren: Könnten sie bald auch in Europa und Deutschland auftauchen?

In Südamerika, vor allem in Brasilien, breiten sich derzeit die Zika-Viren rasant aus, übertragen von der Mückenart Aedes aegypti. Die Viren stehen im Verdacht, bei Schwangeren das Ungeborene zu schädigen und eine Fehlbildung des Gehirns auszulösen. Einen Impfstoff gibt es bisher nicht; Programme zur Vernichtung der Mücken sind angelaufen. Können die Viren bald auch nach Europa gelangen und wie riskant sind die kommenden Olympischen Spiele in Rio de Janeiro? Ein Experte am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF), Prof. Dr. Jan Felix Drexler, Universität Bonn, bewertet die Situation und plädiert für mehr Forschung und weniger Panikmache.

Wie groß ist die Gefahr, dass das Zika-Virus bald auch in Europa und dann in Deutschland auftaucht und sich dort ausbreitet?

DZIF-Professor J.-F. Drexler
DZIF-Professor J.-F. Drexler (c) Universität Bonn

J.F. Drexler: Es gibt bereits importierte Fälle in Europa und es wird auch zukünftig Menschen geben, die das Virus nach Europa und Deutschland bringen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass das Virus hier über Mücken weiterverbreitet wird, ist extrem gering.

Die Überträger-Moskitos in Südamerika (Aedes aegypti) gibt es bei uns nicht.

  • Ob die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus), die auch in Deutschland vorkommt, das Zika-Virus überträgt, ist noch nicht geklärt. In jedem Fall reicht ihre Häufigkeit nicht aus, um das Zika-Virus in Deutschland anzusiedeln.

Können Schwangere derzeit nach Südamerika reisen? Wie wahrscheinlich ist der Zusammenhang zwischen Zika-Viren und den Fehlbildungen der Neugeborenen?

J.F.Drexler: Der Zusammenhang von Zika-Viren-Infektionen von Schwangeren und einer direkten Schädigung des Ungeborenen ist derzeit noch nicht gesichert. Viele Aspekte sind noch unverstanden. Das Zika-Virus ist seit langer Zeit bekannt und hat in früheren Ausbrüchen keine bemerkenswerten Raten von „Mikrozephalie“ ausgelöst.

Mikrozephalie ist die beobachtete Gehirnveränderung, die jetzt in Zusammenhang mit Zika-Viren mehrfach beobachtet wurde.

Wenn man mündlichen Schilderungen von brasilianischen Kollegen glauben darf, sind nicht alle Bevölkerungsschichten von der Mikrozephalie betroffen. Man sollte daher die Schwangeren informieren, aber wir denken, dass das Risiko, sich bei einer Reise mit Zika-Viren zu infizieren und dann in der Folge ein krankes Kind zu bekommen, gering ist. Nichtsdestotrotz ist die mögliche Schädigung von Ungeborenen ein besonderer Aspekt, der Forschung auf diesem Gebiet notwendig macht.

  • Müssen besondere Vorkehrungen für die kommenden Olympischen Sommerspiele im August in Brasilien getroffen werden?

J.F.Drexler: Wir vermuten, dass sich das Problem bis dahin wieder etwas eingrenzen wird. 
  • Anders als beim Dengue-Virus kann sich der Mensch nur einmal im Leben mit Zika-Viren infizieren und ist danach immun. 
  • Derzeit sieht es so aus, dass wir eine Phase der massiven Virusausbreitung erleben werden, die dann aber eine Bevölkerungsimmunität hinterlässt und dazu führt, dass sich die Epidemie von selbst eindämmt. Man sollte dabei auch nicht vergessen, dass das Zika-Virus kein besonders virulenter Erreger ist. Die Symptome sind nicht lebensbedrohlich.

Wird bereits an Zika-Viren in Deutschland geforscht?

J.F. Drexler: Wir arbeiten in Bonn bereits an Testsystemen und auch an anderen DZIF-Standorten arbeiten Wissenschaftler zum Zika-Virus, so zum Beispiel in Hamburg. Zu den wichtigsten Zielen sollte sicher die Entwicklung eines Impfstoffs gehören. Im DZIF sind wir für diese Forschung zu neu auftretenden Infektionskrankheiten sehr gut aufgestellt.

Hintergrund

Zika-Viren

Das Zika-Virus verursacht Fieber, Hautausschlag, Gelenkschmerzen und Bindehautentzündungen. Bei Schwangeren kann das Virus auf das Ungeborene übertragen werden. Forscher vermuten einen Zusammenhang zwischen der Virusinfektion und Fehlbildungen des Gehirns beim Baby:

In Brasilien wurden seit Oktober mehr als 3500 Fälle von Babys oder Föten mit Mikrozephalie, einem zu kleinen Kopf, registriert. Viele dieser Fälle sind aber noch nicht vollständig untersucht, und nur bei ganz wenigen wurde eine Zika-Infektion bestätigt.

Das Virus wird nach derzeitigem Kenntnisstand von der Mückenart Aedes aegypti übertragen – eine Mückenart, die in Deutschland nicht vorkommt. Die in Deutschland seltene Art Aedes albopictus könnte theoretisch das Virus übertragen – die Häufigkeit dieser Insekten in Deutschland ist allerdings so gering, dass Experten eine Ansiedlung des Virus für äußerst unwahrscheinlich halten.

  • Das Virus wurde erstmals vor knapp 40 Jahren in Uganda beschrieben. Es wird vermutet, dass es 2014 mit den vielen Reisenden zur Fußball-WM nach Brasilien gelangt ist.

Viren-Forschung im DZIF

Am DZIF wurden mit dem Schwerpunkt „Neu auftretende Infektionskrankheiten“ beste Voraussetzungen geschaffen, um bei Ausbrüchen neuer Viren schnell Diagnostika und Impfstoffe zu entwickeln und eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Die Bonner Forscher um Christian Drosten konnten bereits den weltweit verwendeten Standardtest zum Nachweis des MERS-Erregers entwickeln. DZIF-Wissenschaftler in Marburg und Hamburg sind beteiligt an der Ebola-Forschung.

Weitere Informationen zum Zika-Virus gibt das Robert-Koch-Institut:

http://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/Z/Zikaviren/Zikaviren.html


 
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Prof. Jan Felix Drexler
DZIF-Schwerpunkt „Neu auftretende Infektionskrankheiten“
Universität Bonn
T +49-228-287-11697
E-Mail: drexler@virology-bonn.de

DZIF
Karola Neubert und Janna Schmidt
T 0531/6181-1170 und -1154


Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
http://www.dzif.de

50. Jahrestag: Totgeburten im Jahr (weltweit)

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Weltweit 2,6 Millionen Totgeburten pro Jahr

Fachzeitschrift Lancet veröffentlicht Serie mit aktuellen Daten und Fakten/ Hebammenwissenschaft der MHH koordinierte Erhebung im deutschsprachigen Raum 
 
Weltweit sterben jährlich 2,6 Millionen Kinder vor der Geburt. 

98 Prozent dieser Totgeburten kommen in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen vor. 

  • Die Hälfte der tot geborenen Kinder stirbt während der Geburt. 

Die meisten Totgeburten ereignen sich in den südlichen Staaten Afrikas und in Südostasien.

An erster Stelle stehen Pakistan mit 4,3 Prozent, Nigeria mit 4,2 Prozent und Tschad mit 3,9 Prozent.

Deutschland liegt mit einer Rate von 0,24 Prozent Totgeburten in einem sehr guten Bereich. Diese Zahlen stammen aus dem Lancet. Die weltweit renommierte medizinische Fachzeitschrift veröffentlichte jetzt in London eine Serie mit fünf Publikationen zum Thema Totgeburten. Der Veröffentlichung liegt eine Studie der International Stillbirth Alliance (ISA) zugrunde. Die Fragebogenerhebung im deutschsprachigen Bereich wurde federführend von den Hebammen Professorin Dr. Mechthild Groß und Sabine de Wall aus der Arbeitsgruppe Hebammenwissenschaft der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) koordiniert.

  • Als Totgeburt definiert die World Health Organization (WHO) Neugeborene ohne Lebenszeichen, die mehr als 1000 Gramm wiegen oder nach 28 vollendeten Schwangerschaftswochen geboren werden
International versteht man unter Totgeburten die Geburt von Kindern, die während der letzten drei Monate einer Schwangerschaft im Mutterleib sterben.

  • In Deutschland wird die Geburt eines Kindes mit einem Geburtsgewicht von 500 g oder mehr, das zum Zeitpunkt der Geburt keines der drei Lebenszeichen Herzaktion, Nabelschnurpuls oder Lungenatmung zeigt, als Totgeburt bezeichnet.

Die Fachzeitschrift Lancet beschäftigt sich in der Serie unter anderem mit der Entwicklung in den vergangenen Jahren, mit den Totgeburtenraten in 195 Ländern, mit ökonomischen und psychosozialen Konsequenzen, mit den anstehende Aufgaben in den Industrieländern sowie mit vermeidbaren Todesfällen und dem aktuellen Handlungsbedarf für Gesundheitsfachpersonal und Interessenvertretungen bis zum Jahr 2030.

Zu den Risikofaktoren für eine Totgeburt zählen in den Industrieländern vor allem Übergewicht und Rauchen im gebärfähigen Alter. „In diesen beiden Punkten gegenzusteuern gehört daher zu den wichtigen Strategien in den hoch entwickelten Ländern“, erklärt Professorin Groß.

„Hinter jedem Tod steht eine Geschichte“, sagt Professor Dr. Alex Heazell von der Universität Manchester in London. Nach dem Tod ihres Kindes zeigen Eltern viele verschiedene psychologische Symptome. Totgeburt kann zu sozialer und psychologischer Isolation führen, gefolgt von Depression. Weltweit haben ungefähr 4,2 Millionen Frauen Depressionen, die mit einer vorangegangenen Totgeburt in Verbindung gebracht werden. All dies kann beträchtliche Belastungen nach sich ziehen – auch wirtschaftliche. Während in vielen niedrig entwickelten Ländern Totgeburten durch verbesserte Strukturen im Gesundheitssystem vermeidbar sind, gilt es, in den hoch industrialisierten Ländern weiterhin die Betreuung der Eltern und Familien zu verbessern.

Zukünftig soll die Totgeburtsrate als Merkmal für Qualität und Gleichheit in der Gesundheitsbetreuung in möglichst vielen Ländern ermittelt werden. Das Statistische Bundesamt erhebt neben den Lebendgeborenen bereits alle Totgeborenen. „Es ist erfreulich, dass die totgeborenen Kinder in den öffentlichen Statistiken in Deutschland sichtbar sind“, stellt Professorin Groß fest.

Die International Stillbirth Alliance (ISA), die mit der AG Hebammenwissenschaft der MHH zusammen arbeitet, hatte für die Studie Fragebögen zur Betreuungsqualität für Eltern, Gesundheitsfachpersonen und der Gesellschaft erarbeitet. Der Deutsche Hebammenverband (DHV), die Deutsche Gesellschaft für Hebammenwissenschaft (DGHWi), die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und die Deutsche Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM) haben die Erhebung durch Mitteilung an ihre Mitglieder unterstützt. Von weltweit 4.184 Antworten der Eltern kamen 206 aus Deutschland. Gesundheitsfachpersonen waren aus Deutschland mit 355 vertreten.

Detaillierte Informationen über die Lancet-Serie finden Interessierte unter http://www.stillbirthalliance.org/news/lancet-series-launch/.

Ansprechpartner für betroffene Eltern ist unter anderem der Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister in Deutschland e.V., http://www.veid.de.


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Professorin Dr. Mechthild Groß
Telefon (0511) 532-6116
gross.mechthild@mh-hannover.de
Stefan Zorn Medizinische Hochschule Hannover

50. Jahrestag: Berufsalltag und Freitzeit - Einladung zur Befragung

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Berufsalltag und Freizeit

Mannheimer Psychologen erforschen, ob das betriebliche Umfeld eine Rolle für Erholungsphasen in der Freizeit spielt. Teilnehmerinnen und Teilnehmer für Befragung gesucht. 

Medizin am Abend Berlin: hier geht es zur Befragung:   

  • Für viele Menschen wird der Berufsalltag immer hektischer und die Anforderungen steigen ständig. 
  • Wie kann man dazu einen guten Ausgleich schaffen? 
  • Um langfristig gesund und leistungsfähig zu bleiben, ist es wichtig, sich in der Freizeit gut zu erholen
Das Team um die Mannheimer Psychologin Prof. Dr. Sabine Sonnentag untersucht seit vielen Jahren, was eine gute Erholung ausmacht: Regelmäßige körperliche Aktivität, aber auch gedanklich von der Arbeit abzuschalten und zu entspannen sind wichtig.
In einem neuen Forschungsprojekt geht das Forscherteam nun der Frage nach, ob auch das betriebliche Umfeld eine Rolle für die Erholung spielt. Gibt es Faktoren im betrieblichen Umfeld, die mit einer guten Erholung einhergehen? Gibt es betriebliche Bedingungen, unter denen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schlecht in der Freizeit entspannen und von der Arbeit abschalten können? Welche Bedeutung haben dabei die Vorgesetzten?

Für eine Online-Befragung (Dauer: 12-15 Minuten) werden Personen mit Tätigkeiten in den verschiedensten Berufsfeldern gesucht.

Voraussetzung für die Teilnahme ist, dass man mindestens 30 Stunden pro Woche berufstätig ist und mindestens einmal pro Woche Kontakt mit seinem/seiner Vorgesetzten hat.

Die Befragung erfolgt anonym und auch der Name des Unternehmens wird nicht erfragt.

Als kleines Dankeschön spenden die Forscherinnen und Forscher für jeden komplett ausgefüllten Fragebogen einen Euro an eine von drei Hilfsorganisationen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Befragung erhalten ein Merkblatt mit den wichtigsten Erholungstipps.

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Schloss
68131 Mannheim
Deutschland
Baden-Württemberg


Katja Bär
Telefon: 0621/181-1013
Fax: 0621/181-1014
E-Mail-Adresse: baer@uni-mannheim.de



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https://www.soscisurvey.de/LRR/ - Link zur Befragung

50. Jahrestag: Kinderarmut

Medizin am Abend Berlin: Deutschland: Große regionale Unterschiede, hohes Risiko für Flüchtlinge

Fast jedes fünfte Kind in Deutschland (19 Prozent) lebt in einem Haushalt, der von Einkommensarmut betroffen ist. Im Verlauf der letzten Jahre stagnierte die Kinderarmut auf diesem hohen Niveau, sie ist allerdings im Vergleich zum Höchststand Mitte der 2000er Jahre gesunken. 
 
  • Höhe und Entwicklungstendenzen der Kinderarmut unterscheiden sich regional stark. 
  • Während in Bremen 33,1 Prozent, in Sachsen-Anhalt 28,7 Prozent und im Regierungsbezirk Düsseldorf 25,1 Prozent der Kinder und Jugendlichen in armen Haushalten leben, sind es in den Regierungsbezirken Oberbayern, Oberpfalz und Tübingen lediglich 9,1 bis 10,5 Prozent. 
Das zeigen die neuesten verfügbaren Daten aus dem Mikrozensus, die das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung für alle Bundesländer und detailliert für insgesamt 39 Regionen der Bundesrepublik ausgewertet hat.*

Vor dem Hintergrund der starken Zuwanderung könnte die Kinderarmut in den kommenden Jahren spürbar steigen, erwartet WSI-Sozialexperte Dr. Eric Seils. 
  • Entscheidender Faktor, um Kinderarmut zu verhindern, seien Berufstätigkeit und existenzsichernde Einkommen der Eltern.
Als arm gelten nach gängiger wissenschaftlicher Definition Haushalte, deren Einkommen weniger als 60 Prozent des bedarfsgewichteten mittleren Einkommens beträgt. Für eine Familie mit zwei Kindern unter 14 Jahren liegt die Armutsschwelle derzeit bei einem verfügbaren Nettoeinkommen von weniger als 1926 Euro im Monat.

Im Jahr 2014, dem letzten, für das aktuell Mikrozensus-Daten vorliegen, lebten rund 2,47 Millionen Kinder in Armut, zeigt Seils´ Auswertung, die heute im Verteilungsmonitor des WSI online veröffentlicht wird. Dort finden sich alle Daten im Überblick und zum Download (Link unten).

Bundesweit hat die Kinderarmutsquote über das vergangene Jahrzehnt leicht, die absolute Zahl armer Kinder spürbar abgenommen. Mit 19 Prozent sind Kinder jedoch weiterhin deutlich häufiger arm als der Durchschnitt der Bevölkerung (15,4 Prozent).

Zudem fiel die Entwicklung regional sehr unterschiedlich aus, zeigt die WSI-Analyse. Den größten Einfluss auf Höhe und Entwicklung der Armutsquote hat laut Seils die Situation am Arbeitsmarkt. Aber auch die Familienstruktur spiele eine erhebliche Rolle, weil Alleinerziehende und ihre Kinder besonders häufig von Armut betroffen sind.

In Ostdeutschland sank der Anteil armer Kinder mit abnehmender Arbeitslosigkeit deutlich – von 29 Prozent 2005 auf 24,6 Prozent 2014. Trotzdem ist Kinderarmut in den neuen Ländern weiterhin weitaus verbreiteter als in den alten, wo die Quote 17,8 Prozent beträgt. Auch in Bayern ist die Kinderarmut im Zehn-Jahresvergleich merklich gesunken. Dagegen hat sie in Nordrhein-Westfalen und in Rheinland-Pfalz zugenommen, in den übrigen Ländern stagnierte sie. Auch innerhalb einiger Bundesländer gibt es erhebliche Unterschiede, etwa in Bayern und Sachsen. So leben im Regierungsbezirk Mittelfranken 16 Prozent der Kinder in armen Haushalten, während es in Oberbayern 9,1 Prozent sind. Der Großraum Leipzig verzeichnet eine Kinderarmutsquote von 27 Prozent. In der Region Dresden sind es dagegen nur 18,7 Prozent.

Stark gestiegen ist in den vergangenen Jahren die Zahl der nach Deutschland geflüchteten Kinder und Jugendlichen. So kamen im Oktober 2015, dem letzten Monat, für den derzeit Daten vorliegen, 14.100 Kinder und Jugendliche als Asylbewerber nach Deutschland. Gut zwei Drittel von ihnen stammten aus Syrien, dem Irak und Afghanistan. „Selbstverständlich sollte zunächst im Vordergrund stehen, dass diese Kinder durch ihren Aufenthalt in der Bundesrepublik Krieg und Terror entgangen sind“, sagt WSI-Forscher Seils. Viele von ihnen trügen aber ein hohes Risiko, in Armut aufzuwachsen. Das legen Daten zur Armutsquote von Familien nahe, die bereits früher aus diesen Regionen eingewandert sind. So haben 34 Prozent der Familien mit Kindern, bei denen die Eltern aus dem Nahen und Mittleren Osten nach Deutschland kamen, nur ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle.

Bei Familien aus Serbien und aus Afrika beträgt die Armutsquote sogar über 40 Prozent. Das liege nicht nur an einer höheren Arbeitslosigkeit in Migrantenfamilien, erklärt Seils. Gleichzeitig stünden Eingewanderte aus diesen Herkunftsregionen seltener in Beschäftigung und hätten häufiger als der Bevölkerungsdurchschnitt nur einen Minijob.

„Das zeigt die Herausforderung, vor der wir insgesamt bei der Bekämpfung der Kinderarmut stehen“, sagt der Forscher. „Um aus der Armut herauszukommen, brauchen solche Eltern nicht irgendeinen Job, sondern eine möglichst gute Integration in den Arbeitsmarkt.“ Der Schlüssel dazu seien verstärkte Investitionen in Bildung und Qualifikation. Zudem sei eine weitere Verbesserung der öffentlichen Kinderbetreuung nötig, schreibt der Wissenschaftler. Diese stelle für viele Familien eine Voraussetzung dafür dar, in existenzsicherndem Umfang zu arbeiten. Flankierend wirke ein adäquater Mindestlohn, der Lohndumping bei geringer qualifizierten Tätigkeiten begrenzt.

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Dr. Eric Seils
WSI, Sozialexperte
Tel.: 0211-7778-591
E-Mail: Eric-Seils@boeckler.de

Rainer Jung
Tel.: 0211-7778-150
E-Mail: Rainer-Jung@boeckler.de

Weitere Informationen für international Medizin am Abend Berlin Beteiligte
http://www.boeckler.de/wsi_62998.htm - Die Auswertung im WSI-Verteilungsmonitor

50. Jahrestag: Forschungsnetzwerk "Comparative Analysis of Conspiracy Theory

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Neues Forschungsnetzwerk geht Verschwörungstheorien auf den Grund

Die Universität Tübingen koordiniert COST Action „Comparative Analysis of Conspiracy Theory“ 
 
Die Ukraine-Krise, die erste Mondlandung oder der Terroranschlag auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo haben alle eines gemein:  

Um sie ranken sich zahlreiche Mutmaßungen und Gerüchte. 
  • Das kürzlich ins Leben gerufene Forschungsnetzwerk "Comparative Analysis of Conspiracy Theory", das von Professor Michael Butter vom Englischen Seminar der Universität Tübingen koordiniert wird, hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Ursprung und die Wirkungsmechanismen von solchen Verschwörungstheorien im europäischen Raum zu ergründen. 
Manche dieser Spekulationen sind harmlos oder amüsant, andere wiederum gefährlich: „Verschwörungstheorien können zur Radikalisierung von Extremisten beitragen, Spannungen zwischen Nationen befeuern und das Vertrauen in demokratische Institutionen und Medien unterlaufen“, sagt Butter. Und gerade in Zeiten des Internets verbreiten sie sich rasend schnell.
  • Das Forschungsnetzwerk "Comparative Analysis of Conspiracy Theory" wird von der Initiative European Cooperation in Science and Technology (COST) gefördert. Rund 60 Wissenschaftler aus den Bereichen Geschichtswissenschaft, Politik, Soziologie, Anthropologie, Kulturwissenschaften und Psychologie aus über 30 Ländern sind von 2016 bis 2020 an der COST Action beteiligt.
Das Netzwerk soll die bisherige Forschung, die sich in der Regel mit einzelnen Theorien in einzelnen Ländern beschäftigt hat, zum ersten Mal systematisch auswerten.

Dadurch wollen die Wissenschaftler bisher unbeantwortete Fragen klären: Wiederholen sich bestimmte Aspekte von Verschwörungstheorien unabhängig vom zeitlichen und kulturellen Kontext? Welche Akteure sind an ihrer Produktion und Verbreitung beteiligt? Welche psychologischen und kulturellen Ursachen sind der Nährboden für diese Theorien? Welche Konsequenzen haben diese letztlich für die Politik? Und zuletzt: Wie geht man mit solchen Theorien um? 
  • Dafür werden die Forscher auch mit Akteuren zusammenzuarbeiten, die Ziel von Verschwörungstheorien sind oder sich mit diesen auseinandersetzen, zum Beispiel mit Politikern, Journalisten, aber auch Klimaforschern und anderen Naturwissenschaftlern.

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Prof. Dr. Michael Butter
Universität Tübingen
English Department
Tel. +49 (0)7071 29-77341
michael.butter[at]uni-tuebingen.de
Antje Karbe  Eberhard Karls Universität Tübingen

50. Jahrestag: Bessere Beziehung zwischen Mensch und Tier

Medizin am Abend Berlin Fazit:  

Gestreichelte Kälber entwickeln bessere Beziehung zum Menschen und nehmen schneller zu

Der freundliche Umgang mit Rindern fördert die gute Beziehung zwischen Mensch und Tier und hat positive Konsequenzen. ForscherInnen der Vetmeduni Vienna haben in ihrer aktuellen Studie im Journal Applied Animal Behaviour Science gezeigt, dass Kälber auf einem Milchviehbetrieb, die nach ihrer Geburt eine Zeit lang von Menschen gestreichelt wurden, rascher an Gewicht zunehmen als ihre nicht gestreichelten Artgenossen. Das kann sich für Betriebe lohnen, da Kühe, die als Kälber schneller zugenommen haben, mehr Milch geben. 
 
In der konventionellen Milchwirtschaft werden Kälber am Tag ihrer Geburt von ihren Müttern getrennt.

Danach werden sie meist eine Zeit lang einzeln gehalten und leben später in Kälbergruppen zusammen. Eine gute Beziehung zum Menschen kann sich nur dann aufbauen, wenn HalterInnen regelmäßig und freundlich mit den Tieren umgehen.
 Regelmäßiges Streicheln fördert die gute Beziehung zwischen Rind und HalterIn.
Regelmäßiges Streicheln fördert die gute Beziehung zwischen Rind und HalterIn.
Foto: Marc Decker

Erstautorin Stephanie Lürzel und ihre Kolleginnen vom Institut für Tierhaltung und Tierschutz an der Vetmeduni Vienna untersuchten 104 Holstein-Kälber eines Milchvieh-Betriebes im Osten Deutschlands. Etwa die Hälfte der Tiere wurde nach der Geburt 14 Tage lang je drei Minuten pro Tag gestreichelt, die andere Hälfte nicht.

Lürzel und die Masterstudentin Charlotte Münsch streichelten die Kälber an einer ganz bestimmten Stelle – am unteren Hals. „Unsere Arbeitsgruppe hat bei früheren Untersuchungen herausgefunden, dass Kühe es besonders genießen, an dieser Stelle gestreichelt zu werden. 

Sogar die Herzfrequenz der Tiere sinkt währenddessen“, so Lürzel.

Gestreichelte Kälber nehmen rascher zu

Etwa 90 Tage nach der Geburt hatten die zuvor gestreichelten Kälber mehr Gewicht als die nicht gestreichelten.

  • Die menschliche Zuwendung scheint sich ganz direkt auf die Gewichtszunahme bei den Tieren auszuwirken. 

„Eine Studie aus dem Jahr 2013 zeigte, dass Kälber, die schneller zunehmen, später als Kühe auch mehr Milch geben. Die von uns untersuchten und gestreichelten Kälber hatten zum Zeitpunkt des Absetzens von der Milch eine etwa 3 Prozent höhere Gewichtszunahme als die nicht gestreichelten. Das ließe sich laut der genannten Studie in etwa 50 Kilogramm mehr Milch pro Kuh und Jahr umrechnen“, erklärt Lürzel.

  • Streicheln verbessert Mensch-Tier-Beziehung

Die Forscherinnen untersuchten auch die Qualität der Mensch-Tier-Beziehung mit dem sogenannten Ausweichdistanz-Test. Dieser misst, ab welcher Distanz sich das Kalb abwendet, wenn ein Mensch von vorne auf das Tier zugeht. Haben die Tiere gegenüber Menschen Vertrauen, ist die Ausweichdistanz gering. Fürchten sich die Tiere, ist die Ausweichdistanz größer.

Bei den Experimenten zeigte sich, dass Kälber aus der „Streichelgruppe“ dem Menschen nicht so schnell ausweichen wie die nicht gestreichelten Artgenossen. Die Ausweichdistanz war bei den gestreichelten Tieren also geringer. „Wir konnten mit diesem Test klar zeigen, dass das regelmäßige Streicheln positive Auswirkungen auf die Mensch-Tier-Beziehung hat“, betont Lürzel. „In der Praxis empfehle ich Landwirtinnen und Landwirten, regelmäßig freundlichen Kontakt zu ihren Tieren zu pflegen. Auch wenn sich drei Minuten pro Tag und Kalb nicht ausgehen, hat der regelmäßige Kontakt über einen längeren Zeitraum auf jeden Fall positive Auswirkungen auf die Tiere.“

  • Enthornung wirkt sich negativ auf Mensch-Tier-Beziehung aus
  • Anders stellten sich die Ergebnisse dar, nachdem die Kälber im Alter von etwa 32 Tagen ohne Betäubung, wie auf dem untersuchten Betrieb üblich, enthornt wurden. 
  • Bei dem in der Milchviehhaltung heute weitverbreiteten Verfahren werden die Hornanlagen mit einem Brenneisen ausgebrannt. 
  • Die Hörner wachsen danach nicht mehr. Nach der Enthornung waren die Ausweichdistanzen bei beiden Gruppen höher als vor der Enthornung. Tiere, die als junge Kälber gestreichelt wurden, schnitten zudem nicht anders ab als nicht gestreichelte Kälber. 
„Die zuvor aufgebaute gute Beziehung zum Menschen scheint bei den gestreichelten Tieren nach dem Enthornen, das ohne Betäubung mit starken Schmerzen für das Tier verbunden ist, gestört zu sein. Einige Wochen nach der Enthornung ist der Effekt des Streichelns auf die Beziehung zum Menschen wieder erkennbar“, erläutert Lürzel.

Freundlicher Umgang mit Nutztieren empfohlen

Verhaltensexpertin Lürzel empfiehlt auf Basis ihrer und früherer Forschungsergebnisse einen freundlichen Umgang mit Kälbern: „Nutztiere, die immer wieder Kontakt mit dem Menschen haben, sei es weil sie vom Tierarzt untersucht werden oder vom Bauern oder der Bäuerin gemolken werden, profitieren von einer guten Beziehung zum Menschen.“ Die Meinung einiger LandwirtInnen, wonach Rinder Furcht vor dem Menschen haben sollten, um mit ihnen gut arbeiten zu können, ist laut Lürzel nicht haltbar.

Der regelmäßige freundliche Kontakt mit den Tieren wirke sich letztendlich auch auf wirtschaftlicher Ebene positiv aus.

Service:

Der Artikel “The influence of gentle interactions on avoidance distance towardshumans, weight gain and physiological parameters in group-housed dairy calves “ von Stephanie Lürzel, Charlotte Münsch, Ines Windschnurer, Andreas Futschik, Rupert Palme und Susanne Waiblinger wurde im Fachjournal Applied Animal Behaviour Science veröffentlicht. doi:10.1016/j.applanim.2015.09.004
http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0168159115002610

Über die Veterinärmedizinische Universität Wien

Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna. Im Jahr 2015 feiert die Vetmeduni Vienna ihr 250-jähriges Bestehen. http://www.vetmeduni.ac.at


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Dr. Stephanie Lürzel
Institut für Tierhaltung und Tierschutz
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Dr. Susanna Berger (vormals Kautschitsch)
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Blutdruckwerte von Ihnen? Systolisch: 120mmHG? 140mmHG?

Medizin am Abend Berlin:  Blutdruckwerte nach SPRINT: Hochdruckliga rät zu individueller Therapie

Neue Erkenntnisse aus zwei großen Studien zu Bluthochdruck verunsichern Patienten und auch Ärzte. Denn die SPRINT-Studie und eine Studie der Universität Oxford legen eine Blutdrucksenkung auf einen oberen Zielwert von 120 nahe. 

Das gilt aber nur für bestimmte Patienten. 

Die Studienergebnissen dürfen nicht einfach verallgemeinert werden, betont die Deutsche Hochdruckliga e.V. (DHL). Die Fachgesellschaft rät dazu, besonnen zu reagieren anstatt die Behandlung kurzfristig zu ändern. Ärzte sollten ihre Patienten individuell betrachten, um sich gemeinsam mit jedem einzelnen für die geeignete Therapie zu entscheiden. 
 
Eine in The Lancet publizierte Metaanalyse des George Insitute for Global Health und der University of Oxford bezog die Daten von mehr als 600.000 Patienten aus über 120 Studien zu Bluthochdruck ein.  

Ziel war es zu verstehen, inwieweit ein niedrigerer Blutdruck Herz-Kreislauf-Krankheiten vorbeugt.

  • Das Ergebnis legt nahe, dass eine Senkung des oberen, des systolischen Wertes auf unter 130 mmHg ratsam sei: unabhängig vom Ausgangswert gab es 27 Prozent weniger Schlaganfälle und 13 Prozent weniger Sterbefälle, wenn Patienten ihren Blutdruck dauerhaft um 10 mmHg senken. Die Autoren fordern daher eine blutdrucksenkende Therapie für alle Patienten mit kardiovaskulärem Risiko – also einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall, auch weit unter die bislang gültige Grenze von 140 mmHg

Zuletzt sprachen auch die Ergebnisse der SPRINT-Studie (Systolic Blood Pressure Intervention Trial) für einen Zielwert von 120 mmHg. 

Hier suchten die Forscher nach dem geeigneten Zielblutdruck für Bluthochdruckpatienten mit einem hohen kardiovaskulären Gesamtrisiko. 

Diabetiker waren davon ausgeschlossen. Der Vergleich zweier Patientengruppen – mit Blutdrucksenkung auf unter 120 mmHg beziehungsweise 134,6 mmHg – ergab etwas bisher Ungekanntes: 

In der Gruppe mit dem medikamentös intensiv abgesenkten Blutdruck starben 25 Prozent weniger Patienten an Schlaganfall oder Herzinfarkt.

Deshalb diskutieren Experten derzeit, ob andere Zielwerte für Bluthochdruckpatienten gelten müssen. Professor Dr. med. Martin Hausberg, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga, weist dies zurück: 

„Die Studienergebnisse dürfen nicht einfach auf alle Hochdruckpatienten übertragen werden.“ Das SPRINT-Fazit einer Blutdrucksenkung unter 120 mmHg, gelte nur für bestimmte Patienten: 

  • Menschen mit hohem kardiovaskulären Risiko, aber ohne Diabetes mellitus, nicht nach einem Schlaganfall oder bei orthostatischer Hypotonie, also wenn der obere Blutdruckwert im Stehen plötzlich abfällt. 
Patienten mit diesen Erkrankungen waren aus der SPRINT-Studie explizit ausgeschlossen. Hinzu kommt: „In Betracht gezogen werden müssen unbedingt auch die Nebenwirkungen, die in der SPRINT-Vergleichsgruppe stärker aufgetreten waren, bei der der Blutdruck um 120 mmHg gesenkt worden war,“ sagt Professor Hausberg. Zu diesen zählen beispielsweise akutes Nierenversagen und Herzinsuffizienz.  

„Senkt man den Bluthochdruck intensiv, müssen die Patienten hinsichtlich der Nebenwirkungen engmaschig kontrolliert werden,“ betont der Experte.

Gemäß der bislang geltenden Behandlungsleitlinien der European Society of Hypertension (ESH) liegt der Zielwert für den oberen Blutdruckwert bei maximal 140 mmHg, der untere, diastolische Wert bei 90 mmHg. Eine weitere Senkung galt bislang nicht als ratsam, da bei einer zu starken Senkung das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wieder leicht ansteigt – die Experten sprechen in Bezug auf diesen Effekt von einer sogenannten J-Kurve.

 „Wir müssen abwarten, ob sich die Ergebnisse beider Studien weiter bestätigen“, erklärt Professor Hausberg. „Auch die Rolle, die die eingesetzten Medikamente für den Behandlungserfolg spielen, ist noch nicht klar.“ Dass es aber nötig ist, die Behandlungsleitlinien anzupassen, halte er für wahrscheinlich. Vorerst rät die DHL dazu, wie bisher jeden Patienten individuell und mit dem Blick auf den ganzen Menschen zu behandeln und den Blutdruck nicht vorschnell stärker zu senken.

Eine Intensivierung der medikamentösen Behandlung um sehr niedrigen Zielwerte zu erreichen, erfordere zudem neben der engmaschigen ärztlichen Kontrolle ein verbessertes sektorenübergreifendes Zusammenwirken.


Quellen:
https://www.hochdruckliga.de/stellungnahme/items/stellungnahme-zu-den-ergebnisse...

Ambrosius WT et al., The design and rationale of a multicenter clinical trial comparing two strategies for control of systolic blood pressure: the Systolic Blood Pressure Intervention Trial (SPRINT). Clin Trials. 2014 Oct;11(5):532-46

ETTEHAD D, Emdin CA, Kiran A, Anderson SG, et al , Blood pressure lowering for prevention of cardiovascular disease and death: a systematic review and meta-analysis. Lancet. 2015 Dec 23. pii: S0140-6736(15)01225.

Über die Deutsche Hochdruckliga DHL®- Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention
Die Deutsche Hochdruckliga e.V. DHL® bündelt die Expertise zur arteriellen Hypertonie in Deutschland. Gegründet 1974, engagiert sie sich seitdem für eine bessere Versorgung von Menschen mit Bluthochdruck. Weltweit bleibt Bluthochdruck die größte Gefahr für die Gesundheit. Deshalb verfolgt die DHL® das Ziel „30-50-80“: Jeder Mensch ab 30 Jahren sollte seinen Blutdruck kennen. Ab 50 sollte der Blutdruck bei jedem kontrolliert und gut eingestellt sein. Menschen mit 80 sollten nicht an Folgeschäden des Bluthochdrucks wie Schlaganfall oder Herzinfarkt leiden.

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Gewichtszunahme wg. Weichmacher in Kunststoffen: Umweltschadstoffe – zum Beispiel Phthalate DEHP

Medizin am Abend Berlin Fazit:  Dick durch Weichmacher / Forscher finden verantwortliche Stoffwechselwege

In Kunststoffen sind immer Weichmacher enthalten, bspw. Phthalate. Über die Haut oder die Nahrung können sie in unseren Körper gelangen. Sie wirken auf unser Hormonsystem und stehen im Verdacht, Einfluss auf das Körpergewicht zu nehmen. Die genauen Zusammenhänge und Mechanismen waren bislang noch unklar. 

Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) konnten nun in Kooperation mit dem Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) Adipositas Erkrankungen der Universität und des Universitätsklinikums Leipzig in ihrer in PLOS ONE veröffentlichten Studie zeigen, dass das Phthalat DEHP zu einer Gewichtszunahme führt und welche Stoffwechselprozesse daran beteiligt sind. 
 
  • Jeder zweite Erwachsene in Deutschland ist übergewichtig. Bei Kindern und Jugendlichen sind es bereits rund 15 Prozent. 
„Die Zahlen sind alarmierend“, sagt Prof. Martin von Bergen, Leiter des Departments Molekulare Systembiologie am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). 
  • „Denn mit jedem Kilo, das zu viel ist, erhöht sich das Gesundheitsrisiko für Herzkreislauferkrankungen, Gelenkschäden, chronische Entzündungen und Krebs. 
Und die Zahl der Menschen mit Übergewicht steigt weltweit stetig an.“ Für die Entwicklung von Übergewicht gibt es viele Ursachen:

Neben falschen Ernährungsgewohnheiten und Bewegungsmangel spielen sicherlich auch genetische Faktoren eine Rolle.

Aber auch bestimmte Umweltschadstoffe – zum Beispiel Phthalate – können für die Entwicklung von Übergewicht mitverantwortlich sein.

  • „In epidemiologischen Studien wurden bereits ernstzunehmende Zusammenhänge zwischen erhöhten Phthalat-Konzentrationen im menschlichen Körper und der Entwicklung von Übergewicht nachgewiesen und sollten deswegen weitergehend mechanistisch untersucht werden“, sagt von Bergen.

In der Kunststoffverarbeitung werden Phthalate als Weichmacher eingesetzt, um Kunststoffe weich, biegsam oder dehnbar zu machen.  

Unter bestimmten Bedingungen können Phthalate aber auch aus dem Material austreten und über die Nahrung in unseren Körper aufgenommen werden. Bei Lebensmittelverpackungen treten Phthalate insbesondere in fetthaltige Produkte über, beispielsweise in Käse oder Wurst.

Von Bergen: „Bislang ist kaum etwas darüber bekannt, wie genau Phthalate im Körper wirken, und wie sie Einfluss auf das Körpergewicht nehmen können – und genau da wollten wir mit unserer Studie ansetzen.“

Von Bergen und sein UFZ-Team haben die Studie in Kooperation mit Forschern des Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrums (IFB) AdipositasErkrankungen der Universität und des Universitätsklinikums Leipzig um PD Dr. Nora Klöting und Prof. Matthias Blüher (Sprecher des Sonderforschungsbereichs „Mechanismen der Adipositas“) durchgeführt, die kürzlich im Fachmagazin PLOS ONE veröffentlicht wurde.

Ihre Ergebnisse zeigen, wo Phthalate in den Stoffwechsel eingreifen und den Weg für eine Gewichtszunahme ebnen können. 
  • In Untersuchungen an der Universität Leipzig nahmen Mäuse, die dem Phthalat DEHP im Trinkwasser ausgesetzt waren, deutlich an Gewicht zu. Dies war vor allem bei den weiblichen Tieren der Fall. „Phthalate greifen ganz offensichtlich massiv in den Hormonhaushalt ein. Bereits in geringen Konzentrationen führen sie zu deutlichen Veränderungen, wie beispielsweise der Gewichtszunahme“, sagt von Bergen.
Der Schwerpunkt der Arbeiten am UFZ lag auf der Charakterisierung der Stoffwechselprodukte im Blut der Mäuse.

Die Forscher stellten fest, dass der Anteil ungesättigter Fettsäuren im Blut unter Phthalat-Einwirkung zunahm und der Glukosestoffwechsel gestört war. Daneben war auch die Zusammensetzung von im Blut befindlichen Rezeptoren verändert, die für den Gesamtstoffwechsel wichtig sind und zu einer Umstellung des Stoffwechsels führen können.

„Einige Stoffwechselprodukte, die vom Fettgewebe gebildet werden sind unter anderem auch als Botenstoffe aktiv und steuern Funktionen in anderen Organen“, erläutert von Bergen. 

„Noch ist aber nicht abschließend geklärt, wie sich die unterschiedlichen Effekte von Phthalaten auf den Stoffwechsel untereinander beeinflussen und letztlich zu einer Gewichtszunahme führen.“

Gemeinsam mit seinen Kollegen von der Universität und des Universitätsklinikums Leipzig wird von Bergen den Einfluss von Phthalaten auf den Stoffwechsel weiter erforschen. Ihre Wirkung auf die Entwicklung frühkindlicher Erkrankungen untersucht er darüber hinaus gemeinsam mit UFZ-Kollegen aus dem Department Umweltimmunologie im Rahmen der Mutter-Kind-Studie LiNA. „Unser Ziel ist es, solide Grundlagenforschung zu betreiben, damit unsere Ergebnisse dann den für die Risikobewertung von Chemikalien zuständigen Behörden auf deutscher und europäischer Ebene helfen können, ihre Bewertungen vorzunehmen“, so von Bergen.

Publikationen:
„Di-(2-Ethylhexyl)-Phthalate (DEHP) Causes Impaired Adipocyte Function and Alters Serum Metabolites“: Nora Klöting, Nico Hesselbarth, Martin Gericke, Anne Kunath, Ronald Biemann, Rima Chakaroun, Joanna Kosacka, Peter Kovacs, Matthias Kern, Michael Stumvoll, Bernd Fischer, Ulrike Rolle-Kampczyk, Ralph Feltens, Wolfgang Otto, Dirk K. Wissenbach, Martin von Bergen, Matthias Blüher; PLOS ONE (December 2, 2015). http://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0143190

Die Arbeit wurde unterstützt durch die Deutsche Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboredizin (DGKL) die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die Helmholtz Allianz ICEMED – Visualisierung und Therapie Umweltbedingter Stoffwechselerkrankungen.

Feltens R, Roeder S, Otto W, Borte M, Lehmann I, von Bergen M, Wissenbach DK: Evaluation of Population and Individual Variances of Urinary Phthalate Metabolites in Terms of epidemiological Studies. Journal of Chromatography & Separation Techniques (accepted)

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Prof. Dr. Martin von Bergen
Leiter des UFZ-Departments Molekulare Systembiologie
http://www.ufz.de/index.php?de=17634
E-Mail: martin.vonbergen@ufz.de

Prof. Dr. Matthias Blüher
Universität Leipzig
Sprecher des Sonderforschungsbereichs „Mechanismen der Adipositas“
Phone: +49 341 97-13320
E-Mail: Matthias.Blueher@medizin.uni-leipzig.de
Susanne Hufe Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung - UFZ

Bundesweit herzchirurgische Versorgung auf kontinuierlich hohem Qualitätsniveau

Medizin am Abend Berlin Fazit: Herzbericht 2015:

Konstante Gesamtzahl vielfältiger herzchirurgischer Eingriffe; Herzchirurgen begrüßen Maßnahmen zur weiteren Verbesserung der Patientensicherheit und plädieren für ein konsequentes Herz-Team Konzept; weiter sinkende Zahl an Spenderherzen 
 
Die Gesamtzahl invasiver Eingriffe in den 78 herzchirurgischen Abteilungen in Deutschland zeigt sich auch für das Jahr 2014 unverändert stabil auf hohem Niveau. Somit ist bereits seit Jahren die herzchirurgische Versorgung bundesweit durchgehend gesichert. Dies zeigen die Zahlen, Daten und Fakten des Deutschen Herzberichtes 2015 deutlich, der am 27. Januar 2016 in Berlin vorgestellt wurde. So wurden 2014 wiederum rund 100.000 Herzoperationen durchgeführt.

Herzchirurgen berücksichtigen demographischem Wandel

Im Kontext des fortschreitenden demographischen Bevölkerungswandels zeigt sich auch bei den herzchirurgischen Patienten ein stetiger Anstieg des Lebensalters. So waren im Jahr 2014 bereits 74,6 Prozent der Patienten mindestens 60 Jahre alt, zweidrittel aller Herzoperationen wurden bei Männern durchgeführt. Die deutschen Herzchirurgen (2014 waren 913 Herzchirurgen und 47 Thorax- und Kardiovaskularchirurgen in Deutschland berufstätig) begegnen dieser Entwicklung mit der kontinuierlichen Weiterentwicklung von Operationsverfahren und der Etablierung minimalinvasiver, schonenderer Operations-techniken. Dank dieser innovativen Entwicklungen liegen die Überlebensraten bei elektiven Patientengruppen auch weiterhin deutlich über 95 Prozent.

Koronare Bypass-Operationen auf qualitativ hohem Niveau

Mehr als die Hälfte der herzchirurgischen Eingriffe am Herzen waren im Jahr 2014 wiederum die koronaren Bypass-Operationen zur Behandlung der koronaren Herzkrankheit. In den letzten Jahren zeigt sich jährlich weitgehend eine konstante Zahl von ca. 54.000 isolierten und kombinierten Bypass-Operationen. Dies ist aus Sicht der DGTHG ein Zeichen für an sachlich-medizinischen Gesichtspunkten orientierte Entscheidungen bei der Therapiewahl. Umfangreiche Studien zeigen, dass die koronare Bypass-Operation gerade bei mehreren betroffenen Herzkranzgefäßen sowie komplexeren Verengungen, insbesondere im Hinblick auf die langfristige Überlebensrate der Patienten, die dauerhaft bessere Therapiewahl ist, und damit auch die Lebensqualität entscheidend beeinflusst wird.

So dokumentieren die 5-Jahres-Ergebnisse der Syntax-Studie (internationale Studie von ca. 1800 eingeschlossenen Patienten mit koronarer Herzerkrankung), dass Patienten mit einer komplexen Koronaren Herzerkrankung (KHK), die eine koronare Bypass-Operation erhielten, innerhalb von fünf Jahren signifikant seltener an einem Herzinfarkt versterben. „Je schwerwiegender und komplexer die Koronare Herzerkrankung ist, desto wertvoller und nachhaltiger ist vollständige Wiederherstellung der Blutversorgung der Herzkranzgefäße durch eine Bypass-Operation“, erklärt Professor Armin Welz, Präsident der DGTHG.

Medizinische Fachgesellschaften empfehlen Herz-Team

Internationale medizinische Fachgesellschaften von Herzchirurgen und Kardiologen haben in wissenschaftlich begründeten Leitlinien zur koronaren Herzkrankheit im Jahr 2014 erneut bestätigt, dass ein interdisziplinäres Team, bestehend aus Herzchirurgen und Kardiologen, gemeinsam für jeden Patienten individuell festlegen soll, ob eine Bypass-Operation oder eine Stentimplantation die zu empfehlende Therapie ist. „Wir raten den Patienten bei der Auswahl eines Krankenhauses gezielt nachzufragen, ob ein Herz-Team aktiv etabliert ist, durchgängig zur Verfügung steht und regelmäßig gemeinsame Beratungen stattfinden. Wenn nicht, ist unsere Empfehlung, sich auf jeden Fall sowohl von einem Kardiologen als auch von einem Herzchirurgen beraten zu lassen, um sicherzustellen, dass man wirklich die für den individuellen Krankheitsfall beste Behandlung erfährt“, so Herzchirurg Prof. Welz. Die im Jahr 2014 aktualisierte ESC/EACTS „Guidelines on Myocardial Revascularisation“ bestätigt ebenso wie die Nationale Versorgungsleitlinie chon. KHK die Konzeption der Kooperation und Entscheidungsfindung im Herz-Team.

DGTHG setzt sich für entscheidende Qualitätskriterien ein

Diese insbesondere auch im internationalen Vergleich sehr guten Ergebnisse sprechen für eine qualitativ hochwertige Versorgung, welche die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie (DGTHG) auch in den nächsten Jahren noch kontinuierlich verbessern möchte. Mit Blick auf eine hochwertige medizinische Versorgung und die Gewährleistung der Patientensicherheit, sind für die herzmedizinische Behandlung aus Sicht der DGHTG drei Aspekte von besonderer Bedeutung: die Qualifikation der beteiligten Berufsgruppen (Ärzte, Gesundheits- und Krankenpfleger, Kardiotechniker, medizinisches Assistenzpersonal), die differenzierte und nachvollziehbare Strukturierung der Behandlungsprozesse und geeignete infrastrukturelle Voraussetzungen.

Invasive Herzklappeneingriffe – Patientensicherheit hat oberste Priorität

Europaweit gehört die Verengung der Aortenklappe (Aortenklappenstenose) zu den häufigsten Herzklappener-krankungen, die verschleißbedingt, insbesondere im hohen Lebensalter auftritt. Durch minimalinvasive und schonendere Operationstechniken können heutzutage auch hochbetagte Patienten mit erheblichen Begleiterkrankungen erfolgreich behandelt werden. Beispielsweise wird bei der Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI; Transcatheter Aortic Valve Implantation) die „Herzklappenprothese“ unter Verwendung spezieller Katheter entweder über die Blutgefäße (transvaskulär) oder über die Herzspitze (transapikal) eingebracht und nach Verdrängung der defekten Aortenklappe entfaltet.
Stieg in den letzten Jahren enorm die Anzahl der TAVI-Eingriffe, so ist in jüngster Zeit auch eine Zunahme der kathetergestützten Mitralklappenbehandlungen erkennbar.

Die DGTHG sieht die dringende Notwendigkeit, die Einführung dieser neuen Verfahren durch medizinische Register und kontrollierte Studien kontinuierlich zu begleiten und bis zum Vorliegen kurz-, mittel und langfristiger wissenschaftlicher Erkenntnisse derartige Innovationen mit strenger Indikationsstellung nur begrenzt bei ausgewählten multimorbiden Patienten einzusetzen. Zur Patientensicherheit ist nach Meinung der herzchirurgischen Fachgesellschaft die Einhaltung der Empfehlungen einer entsprechenden Leitlinie der European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS) und der Europen Society of Cardiology (ESC) zwingend erforderlich. Für Deutschland hat zudem im Jahr 2015 der Gemeinsame Bundesausschuß (G-BA) in der „Richtlinie zu minimalinvasiven Herzklappeninterventionen“ obligat zu erfüllende Qualitätsstandards für kathetergestützte Aortenklappen-implantationen (TAVI) und Clipverfahren an der Mitralklappe (Mitral Clip) festgelegt. „Bis auf Weiteres sollten das TAVI- und Clipverfahren an der Mitralklappe nur nach interdisziplinärem Konsens bei sorgfältig ausgewählten Patienten, die besondere Risiken aufweisen, in Erwägung gezogen werden, da bisher nicht abschließend geklärt ist, ob mit dieser Eingriffsalternative vergleichbar gute Langzeitüberlebensraten erzielt werden können wie mit den etablierten Herzoperationen“, erklärt Welz.

Anzahl Spenderherzen sinkt weiter

Eine aus Sicht der Herzchirurgen dramatische Entwicklung setzt sich bei den Zahlen der Herztransplantationen in Deutschland fort. Im Jahr 2013 wurden in Deutschland 297 Herz- und Herz-Lungen-Transplantationen durchgeführt (Eurotransplant). Nach Angaben der Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) sind die Herztransplantationen im Jahr 2014 auf 294 zurückgegangen. „Wir Herzchirurgen erleben jeden Tag das Leid unserer zurzeit rund 1.000 Patienten auf der Warteliste. Aufgrund ihres lebensbedrohlichen Erkrankung müssen viele dieser schwerst-herzkranken Patienten meist mehrere Monate im Krankenhaus oder gar auf einer Intensivstation auf die lebensrettende Transplantation warten“, erklärt Welz. Um die Patienten überhaupt am Leben halten zu können bis ein geeignetes Spenderorgan zur Verfügung steht implantieren die Herzchirurgen in den vergangenen Jahren zunehmend Herzunterstützungssysteme. „Bei der fehlenden Verfügbarkeit von Spenderherzen werden manche Herzunterstützungssysteme auch mit dauerhafter Perspektive für die Patienten eingepflanzt “, so Welz.

Die Deutsche Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie e.V. (DGTHG) vertritt als medizinische Fachgesellschaft die Interessen der über 1.000 in Deutschland tätigen Herz-, Thorax- und Kardiovaskularchirurgen im Dialog mit der Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit.

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360° TOP-Thema: Der Herzbericht von 2015 - Spezialbericht Januar 2016

Medizin am Abend Berlin Fazit: 

Das Risiko, an einer Herzkrankheit zu versterben, ist in Deutschland geografisch sehr ungleich verteilt, zeigt der gestern in Berlin vorgestellte aktuelle Deutsche Herzbericht.

Im Ländervergleich der Sterbeziffern haben die östlichen Bundesländer die höchsten Werte. 

An einer der häufigsten Herzkrankheiten (ischämische, also durch Minderdurchblutung hervorgerufene Herzkrankheiten, Herzklappenkrankheiten, Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz) verstarben im Jahr 2013 in Sachsen-Anhalt 389 von 100.000 Bewohnern, in Sachsen 360, in Thüringen 335 und in Mecklenburg-Vorpommern 319. Am anderen Ende der Skala befinden sich Berlin mit einer Sterbeziffer von 193, Hamburg mit 214 und Baden Württemberg mit 225.

„Die aus früheren Herzberichten bereits bekannten Unterschiede zwischen den Bundesländern bleiben insgesamt bestehen“, kommentiert DGK-Präsident Prof. Dr. Karl-Heinz Kuck (Hamburg) die aktuellen Zahlen.

„Die höchste Sterbeziffer eines Landes bei den ischämischen Herzkrankheiten kann die niedrigste Sterbeziffer um mehr als das Doppelte übersteigen.

Gleiches gilt bei den Herzklappenkrankheiten und bei den Herzrhythmusstörungen.

Noch größer fallen die Unterschiede bei der Herzinsuffizienz aus. 

Ischämische Herzkrankheit und Herzinsuffizienz haben dabei in allen Bundesländern einen dominierenden Einfluss auf die Sterblichkeit.“

Sehr unterschiedlich präsentiert sich auch die regionale Verteilung bei der Herzinfarkt-Sterblichkeit (akuter Myokardinfarkt). In Sachsen-Anhalt betrug hier die Sterbeziffer 99, in Brandenburg 98, in Bremen 94 und in Sachsen 93, am anderen Ende der Skala befinden sich Schleswig-Holstein mit 43, Berlin und Hamburg mit 48.

  • Überraschend ist die starke Zunahme der Sterblichkeit in Bremen innerhalb eines Jahres von 70 auf 94. 

Zu bedenken sei, dass es in den vergangenen Jahren in diesem Stadtstaat immer wieder starke Schwankungen der Zahlen gegeben hat, heißt es dazu im Herzbericht. Da die dort erhobenen Zahlen klein sind, können sich kleinere Veränderungen schnell auf das Gesamtergebnis auswirken. Bei den Stadtstaaten könne es auch deshalb zu statistischen Verzerrungen der Sterbeziffern kommen, weil hier viele Patienten aus den umliegenden Bundesländern mitversorgt werden.

„Die Unterschiede der Sterbezahlen zwischen den Bundesländern sind auf unterschiedliche Faktoren zurückzuführen, zum Beispiel die Altersktur, den sozioökonomischen Status der Bevölkerung, das jeweilige Gesundheitsbewusstsein, die Ärztedichte oder das regionalstrue diagnostische und therapeutische Angebot“, so Prof. Kuck.

 „Aus gesundheitlicher und gesundheitspolitischer Sicht muss es darum gehen, durch geeignete Maßnahmen die Situation in den Ländern mit hoher Sterbeziffer konsequent an jene der am besten abschneidenden Länder heranzuführen.“


Der gestern in Berlin vorgestellte aktuelle „Deutsche Herzbericht“ dokumentiert mit aktuellen Zahlen die beeindruckenden Fortschritte der deutschen Herz-Medizin und deren praktische Auswirkungen für Herz-Patienten.

„Verstarben im Jahr 1990 in Deutschland insgesamt noch 324,8 Einwohner pro 100.000 an den häufigsten Herzkrankheiten, ging die Sterbeziffer bis zum Jahr 2013 um 17,2 Prozent auf 268,9 zurück“, berichtet Prof. Dr. Karl-Heinz Kuck (Hamburg), Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) auf einer Pressekonferenz.

Im Detail verringerte sich zwischen den Jahren 1990 und 2013 die Sterbeziffer in der großen Gruppe der ischämischen, durch Minderdurchblutung bewirkten Herzkrankheiten von 216,3 auf 159,5, bei der Herzschwäche (Herzinsuffizienz) von 82,0 auf 56,7, und bei angeborenen Herzfehlern von 1,5 auf 0,6.

Gegenläufiger Trend bei Herzklappenkrankheiten und Herzrhythmusstörungen

  • Bei zwei Gruppen von Herz-Krankheiten ist der Trend allerdings gegenläufig: So stieg zwischen 1990 und 2013 die Sterbeziffer bei Herzklappenkrankheiten von 7,8 auf 19,7 und bei Herzrhythmusstörungen von 17,1 auf 32,4 an. 
„Diese Entwicklungen sind zum Teil eine Konsequenz der Fortschritte in der modernen Herz-Medizin mit dadurch geänderter Wahrnehmung, die sich in der Zuordnung der Diagnosen auf den Totenscheinen widerspiegelt“, erklärt Prof. Kuck.

  •  „Heute überleben allerdings auch immer mehr Patienten einen akuten Herzinfarkt, erkranken aber später an anderen Herzkrankheiten. Dieser Trend ist damit auch Ausdruck der zunehmenden Lebenserwartung, wobei zum Beispiel das Risiko für Herzklappen- oder Herzrhythmuserkrankungen mit zunehmendem Alter überproportional ansteigt.“ 

Herzkrankheiten summierten sich auf 1.595.312 bzw. 8,3 Prozent aller 2013 im Rahmen der Krankenhausdiagnose-Statistik erfassten 19.249.313 vollstationären Fälle. Insgesamt sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen für zwei Drittel aller Todesfälle in Deutschland verantwortlich und somit unverändert die Todesursache Nummer 1.

  • Die drei Krankheitsgruppen chronische ischämische Herzkrankheit, akuter Herzinfarkt und Herzinsuffizienz machten knapp die Hälfte der zehn häufigsten Todesursachen aus.

Dauerhaft positive Entwicklung beim Herzinfarkt

Am akuten Herzinfarkt verstarben 2013 in Deutschland 64,4 von 100.000 Einwohnern, das ist gegenüber dem Jahr 1990 ein Rückgang von rund 40 Prozent:

42,2 Prozent bei Männern und 37,2 Prozent bei Frauen. Nach einem geringfügigen Anstieg im Jahr 2012, der vorrangig durch die Umstellung der Berechnungsgrundlage aufgrund des Zensus 2011 verursacht war, hat sich 2013 der generelle Abwärtstrend fortgesetzt.

„Es ist davon auszugehen, dass die Verringerung der Sterbeziffer beim akuten Herzinfarkt neben dem Rückgang der Anzahl von Rauchern auch auf Verbesserungen der strukturellen und therapeutischen Maßnahmen zurückzuführen ist“, so Prof. Kuck.

 „Allen voran ist hier die flächendeckende Herzkatheter-Therapie zu nennen, die eine interventionelle Wiedereröffnung der verschlossenen Blutgefäße mittels Notfall-Kathetereingriff ermöglicht.

  • Außerdem wurde die Zeit im Rettungswagen vor dem Erreichen des Krankenhauses verkürzt, das Notarztsystem ausgebaut und die ‚Pforte-Ballon-Zeit‘ im Krankenhaus reduziert. 
  1. Auch der Einsatz von Stents zum Offenhalten verengter oder verschlossener Blutgefäße, eine optimierte Thrombolyse (Blutgerinnsel-Auflösung) und eine immer bessere medikamentöse Begleittherapie spielen hier eine wichtige Rolle.“

Herzkatheter: Hohes Versorgungsniveau mit guter Qualität

Einen weiterhin steigenden Trend verzeichnet der neue Herzbericht beim Einsatz von Herzkathetern für diagnostische und therapeutische Zwecke: 

Zwischen 2013 und 2014 stieg die Zahl der diagnostischen Linksherzkatheter-Untersuchungen, auf das Bundesgebiet hochgerechnet, von 885.131 auf 906.843 an, die Zahl der Perkutanen Katheterinterventionen (PCI) von 342.749 auf 361.377.

Vom AQUA Institut (Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen GmbH) erhobene Daten zeigen, dass bezüglich der Indikation zur Herzkatheter-Untersuchung in sehr hohem Maß den gültigen Leitlinien entsprechend vorgegangen wurde. 

In über 93 Prozent aller Untersuchungen (2013) gibt es demnach die geforderten klinischen Symptome oder den Nachweis einer Ischämie (Minderdurchblutung).

Für die meisten Herzinfarkt-Patienten ist eine Herzkatheterintervention die optimale und oft lebensrettende Behandlung. 

Prof. Kuck: „Anhand der aktuellen Zahlen lässt sich weder eine Über- noch eine Fehlverordnung feststellen. Beim Blick auf die Gesamtentwicklung und die Behandlungsresultate steht Deutschland im internationalen Vergleich besser da als andere Länder.“

  • Steigend ist auch die Zahl implantierter Stents zum Offenhalten von Blutgefäßen: Hochgerechnet erhöhte sich ihre Zahl auf 323.828 Fälle (2014) gegenüber 300.740 im Jahre davor.

Aufgrund der Bevölkerungsstruktur und von Mehrfacherkrankungen (Multimorbidität) im Alter ist zu erwarten, dass die Katheter-Zahlen 2016 auf dem bestehenden hohen Niveau bleiben.

„Kritisch gesehen wird die Frage, ob in Zukunft nicht viele elektive (Anm.: nicht unmittelbar erforderliche) Katheter-Untersuchungen durch nicht-invasive Verfahren wie Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT) ersetzt werden können“, so Prof. Kuck. 

„Dazu fehlen allerdings in Deutschland bisher adäquate Rahmenbedingungen zum Beispiel bei der Spezialisierung und in der Vergütung und geeignete klinische Studien.“

Verbesserte Therapien von Herzrhythmusstörungen

Herzrhythmusstörungen gehören heute zu den häufigsten Herzkrankheiten, in den Sterblichkeits- und Häufigkeitsstatistiken ist bei ihnen in den vergangenen Jahren ein Anstieg zu verzeichnen. Die Zahl der vollstationär behandelten Fälle pro 100.000 Einwohner ist zwischen 2008 und 2013 um 23,3 Prozent angestiegen.

  • „Die Ursache dieses Anstiegs kann unter anderem in der verbesserten Diagnostik der Herzrhythmusstörungen gesucht werden, aber auch in der Alterung des Bevölkerungsdurchschnitts“, so Prof. Kuck. 

„Im gleichen Zeitraum haben sich die medikamentösen, chirurgischen, interventionellen und invasiv-ablativen Behandlungsmöglichkeiten verbessert.“

  • Nach einer Hochrechnung wurden 2014 in Deutschland 58.374 elektrophysiologische Untersuchungen vorgenommen, um 13 Prozent mehr als im Jahr davor. 
Die Zahl der Katheter-gestützten Ablationen von Herzrhythmusstörungen war mit 69.052 um 11,5 Prozent höher als im Jahr davor.

Implantation von Herzschrittmachern und Kardioverter-Defibrillatoren (ICD)

Im Jahr 2014 wurden in Deutschland im Rahmen der stationären Versorgung von Patienten insgesamt 156.870 Operationen bei kardialen Rhythmusimplantaten durchgeführt, 108.193 Schrittmacher-Implantationen und 58.677 Implantationen von Kardioverter-Defibrillatoren (ICD).

  • Das waren knapp 3.000 Eingriffe mehr als im Jahr davor. Prof Kuck: „Derzeit erhalten in Deutschland mehr Männer als Frauen Schrittmacher/ICD-Systeme. 
  • Die Morbidität der Herzrhythmusstörungen ist allerdings bei Frauen größer als bei Männern, sodass der große Geschlechterunterschied nicht plausibel ist.“
Obwohl die Neuimplantationsrate pro Million Einwohner in Deutschland etwas höher ist als etwa in Schweden oder der Schweiz, kann von einer Überbehandlung nicht die Rede sein:

„Die Leitlinientreue bei der Indikationsstellung liegt sowohl bei den Herzschrittmachern als auch bei den ICD bei mehr als 90 Prozent. 

Bei der Auswahl der Systeme wurde in 97,5 Prozent der Schrittmacher und 95,1 Prozent der ICD die Leitlinien berücksichtigt“, so der DGK-Präsident. 

„Die Qualität der Versorgung mit kardialen Rhythmusimplantaten hat in Deutschland weiterhin ein hohes Niveau und kann sich mit den beiden europäischen Nachbarn, die belastbare Daten generieren, durchaus messen.“

Katheter-gestützte Herzklappen-Implantation immer häufiger und sicherer

Bei den Herzklappenerkrankungen ist von 1995 bis 2013 insgesamt ein Anstieg der stationären Morbiditätsziffer von 69 auf 107 feststellbar, was einem Plus von 55,4 Prozent entspricht.

 Prof. Kuck: „Wahrscheinlichste Ursache für die Entwicklung ist die höhere Lebenserwartung insgesamt und die verbesserte Diagnostik bei diesen Erkrankungen.“ In der Altersgruppe der ab 75-Jährigen war eine besonders hohe Zunahme der stationären Morbiditätsziffer um 153,4 Prozent von 224 auf 568 pro 100.000 Einwohner zu verzeichnen, diesem Anstieg steht ein Rückgang in den meisten anderen Altersgruppen gegenüber.

  • In der Therapie gibt es seit einiger Zeit, in Ergänzung der Klappenchirurgie mit Klappenersatz oder Klappenrekonstruktion, die Möglichkeit, mittels Gefäßkatheter über verschiedene Zugangswege die Aortenklappe zu ersetzen (Katheter-gestützter perkutaner Aortenklappenersatz, TAVI). Auch die Behandlung der undichten Mitralklappe mittels Kathetertechnik ist heute möglich.

Inzwischen wird TAVI nicht mehr nur bei ausgesprochenen Risikopatienten, sondern auch schon bei mittlerem Risiko als Alternative zum herzchirurgischen Klappenersatz durchgeführt – und das mit sehr guten Ergebnissen.

Laut aktuellen Registerdaten der verpflichtenden Qualitätssicherung AQUA hat TAVI auch bei Patienten mit mittlerem Risiko ein niedrigeres Sterblichkeitsrisiko als die konventionelle chirurgische Operation. Ob TAVI bei Patienten mit mittlerem Risiko generell empfohlen werden kann, wird gegenwärtig in großen randomisierten Studien geprüft.

2013 wurden in Deutschland erstmals mehr TAVI als chirurgische Klappen implantiert. Gemäß AQUA-Report beträgt die Sterblichkeit im Krankenhaus nach dem Eingriff insgesamt 6,5 Prozent, was jedoch Patienten aller Risikostufen einschließt.

Die Auswertung zeigt, dass das Sterberisiko unmittelbar nach einer herzchirurgisch implantierten Klappe nur bei Patienten mit sehr niedrigem Operationsrisiko etwas geringer ist als nach einer transvaskulären, über die großen Blutgefäße erfolgenden TAVI-Implantation, obwohl die TAVI-Patienten im Durchschnitt rund 12 Jahre älter sind. In allen anderen Risikogruppen schneiden transvaskuläre TAVI Patienten am besten im Vergleich zu transapikalen und diese wiederum besser als herkömmlich chirurgische Patienten ab.

Umfassende Prävention konsequent ausbauen

Der Herzbericht zeigt auch gravierende Unterschiede in der Herzgesundheit zwischen den Bundesländern auf, wobei Sachsen-Anhalt besonders negativ abschneidet. 

Es nimmt seit Jahren eine Spitzenposition in der Sterblichkeitsstatistik der ischämischen, durch verminderten Blutfluss bedingten Herzkrankheiten ein. Sachsen-Anhalt ist hinsichtlich sozialer Faktoren (Anteil an Schulabgängern ohne Abschluss, niedriger Anteil von Personen mit (Fach-) Hochschulreife, hohe Arbeitslosigkeit, etc.) in einer sehr ungünstigen Lage.

Solche Faktoren sind Studien zufolge Determinanten von Lebensstilfaktoren und damit auch von Risikofaktoren der ischämischen Herzkrankheit. Die Häufigkeit des Rauchens, von Übergewicht und Fettleibigkeit, des Diabetes mellitus, depressiver Symptome, diagnostizierter Depressionen und sportliche Inaktivität sind bei Menschen mit niedrigem Sozialstatus deutlich erhöht.

„Hier liegen präventive Ansatzmöglichkeiten zur Senkung der Sterblichkeit der ischämischen Herzkrankheit“, so Prof. Kuck. „Zu wünschen ist, dass eine verbesserte Diagnostik von Menschen mit Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen, sowie eine konsequente Behandlung der neu entdeckten Diagnosen zu einer weiteren Reduktion der Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen führt.“

Bekannt ist ebenfalls, dass bei einem großen Prozentsatz von Patienten mit bekannter und behandelter arterieller Hypertonie keine optimale Blutdruckeinstellung gelungen ist. Prof. Kuck: „Auch hier besteht ein sinnvoller Ansatz zur kardiovaskulären Prävention von Morbidität und Mortalität.“

Neben dem klinisch-präventiven Ansatz sei ein gesellschaftlich-politischer Ansatz im Sinne einer Verhältnisprävention zu bedenken.

Hierzu gehören eine Verschärfung des Nichtraucherschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt sowie vor allem politische Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit und geringe Bildung. „Soziale Faktoren lassen sich, wenn überhaupt, nur sehr langsam politisch beeinflussen“, so der DGK-Präsident.

„Daher sind Präventionsmaßnahmen dringend angezeigt, die das individuelle Verhalten günstig beeinflussen, und Maßnahmen, die zu einer optimalen Behandlung entdeckter und aufzudeckender Hypertoniker, Diabetiker und Patienten mit gestörtem Fettstoffwechsel führen.“

Männer erkranken weit häufiger an den verbreitetsten Herzkrankheiten als Frauen, allerdings ist die Sterblichkeit bei Frauen insgesamt deutlich höher, heißt es im aktuellen Deutschen Herzbericht, der heute in Berlin vorgestellt wurde.

 „Frauen mit Herzklappenkrankheiten, Herzrhythmusstörungen und Herzinsuffizienz scheinen eine ungünstigere Prognose zu haben als Männer mit diesen Erkrankungen.

Beim akuten Herzinfarkt und bei ischämischen, durch Minderdurchblutung begründeten Herzkrankheiten hingegen haben Männer eine schlechtere Prognose als Frauen“, so Prof. Dr. Karl-Heinz Kuck (Hamburg), Präsident der DGK.

Herzkrankheiten machten in Deutschland 8,3 Prozent (1.595.312) aller im Rahmen der Krankenhausdiagnosestatistik erfassten stationären Fälle (Morbiditätsziffer) aus.

Von den im aktuellen Deutschen Herzbericht erfassten kardiologischen Diagnosen betreffen 57,8 Prozent Männer und 42,2 Prozent Frauen (2013).

 Am Geschlechterverhältnis hat sich damit im Vergleich zum Vorjahr nichts geändert.

Die Erkrankungshäufigkeit betrug 2013 bei Männern 2.330,6 auf 100.000 Einwohner und bei Frauen 1.634.

• Bei ischämischen, also durch Minderdurchblutung hervorgerufenen Herzkrankheiten ist die Zahl der betroffenen Männer mit 1.107,6 (auf 100.000 Einwohner) mehr als doppelt so groß wie die der Frauen (518,7).

• Beim akuten Herzinfarkt (Myokardinfarkt) ist die Zahl der betroffenen Männer mit 365,2 doppelt so groß wie die der Frauen (185,8).

• Bei Herzklappenkrankheiten beträgt die Zahl der Männer 118,1 und für Frauen 96,1. Der Wert für Männer liegt damit um 22,9 Prozent über dem für Frauen.

• Bei Herzrhythmusstörungen übersteigt die Zahl der Männer mit 587,1 jene für Frauen (502,5) um 16,8 Prozent.

• Bei angeborenen Fehlbildungen des Kreislaufsystems liegt die Zahl der männlichen Patienten mit 28,6 um 16,7 Prozent über jener der weiblichen Patienten (24,5).

• Die Herzinsuffizienz (Herzschwäche) ist unverändert die einzige Herzkrankheit, bei der die Zahl der davon betroffenen Männer (489,3) unter jener der Frauen (492,2) liegt: Differenz 0,6 Prozent.

Wie in den Vorjahren ist allerdings die Sterblichkeit bei Frauen in der Summe aller ausgewählten Diagnosen deutlich höher als bei Männern. 

  • Von den Patienten, die an einer der im Deutschen Herzbericht dargestellten häufigsten Herzkrankheiten gestorben sind, sind 45,9 Prozent Männer und 54,1 Prozent Frauen. 

Die Sterbeziffer beträgt insgesamt 268,9 auf 100.000 Einwohner, bei Männern 252 und bei Frauen 285,2.

• Bei den ischämischen Herzkrankheiten übersteigt die Sterbeziffer bei Männern mit 169,8 die bei Frauen mit 149,6.

• Beim akuten Herzinfarkt ist die Sterbeziffer bei Frauen mit 55,9 um 23,7 Prozent niedriger als bei Männern (73,3). Ein ähnlich starker Unterschied zwischen den Sterbeziffern von Männern und Frauen fand sich auch in den Vorjahren. Prof. Kuck: „Somit scheinen Männer beim akuten Herzinfarkt eine ungünstigere Prognose zu haben als Frauen.“

• Die Sterbeziffer der Herzklappenkrankheiten beträgt bei Männern 15,3 und bei Frauen 23,9. Der Wert bei Frauen liegt somit um 56,2 Prozent höher. Prof. Kuck: „Dieser Unterschied ist unerwartet groß.“

• Die Sterbeziffer der Herzrhythmusstörungen übersteigt bei Frauen (38,5) die der Männer (26,2) um 47 Prozent. „Dieser Unterschied verläuft zuungunsten der Frauen, ist unerwartet groß und nicht ohne weiteres erklärlich“, kommentiert Prof. Kuck die Ergebnisse.

• Die Sterbeziffer der Herzinsuffizienz beträgt bei Männern 40 und bei Frauen 72,7. Der Wert der Frauen liegt somit 81,6 Prozent über dem der Männer. Prof. Kuck: „Auch dieser Unterschied ist unerwartet groß und nicht ohne weiteres erklärlich.“

• Die Sterbeziffer der angeborenen Fehlbildungen des Kreislaufsystems beträgt insgesamt 0,6 und ist bei beiden Geschlechtern ähnlich niedrig.

„Der Anstieg der Sterblichkeit ist bei verschiedenen Diagnosen mit zunehmendem Lebensalter unterschiedlich“, so Prof. Kuck.

Bei Männern nimmt die Sterblichkeit an Koronarer Herzkrankheit ab dem 65. bis 70. Lebensjahr zu, dagegen steigt die Sterblichkeit bei den übrigen Diagnosen erst ab dem 75. bis 80. Lebensjahr an. 

Auffällig ist bei Männern der deutliche Anstieg der Sterblichkeit an der Herzinsuffizienz ab dem 80. bis 85. Lebensjahr.

„Bei Frauen nimmt die Sterblichkeit an der Koronaren Herzkrankheit erst ab dem 75. bis 80. Lebensjahr exponentiell zu, gleiches gilt für die Sterblichkeit an einer Herzinsuffizienz ab dem 80. bis 85. Lebensjahr“, so der DGK-Präsident.

Ein wesentlicher Faktor für die Zunahme der Mortalität ist sicher die verbesserte Lebenserwartung der Patienten, die bei der Berechnung der Morbiditäts- und Mortalitätsdaten nicht berücksichtigt ist.


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Prof. Dr. Eckart Fleck (Pressesprecher DGK); presse@dgk.org
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 Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute mehr als 9400 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa. Weitere Informationen unter www.dgk.org

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