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360° TOP-Terminhinweis: Patientenleitlinie "Palliativmedizin"

Medizin am Abend Fazit: Zur Kommentierung freigegeben: Patientenleitlinie "Palliativmedizin"

Laienverständliche Versionen ärztlicher Leitlinien sind im Leitlinienprogramm Onkologie verpflichtend. Jetzt steht die neue Patientenleitlinie "Palliativmedizin für Patientinnen und Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung" bis zum 30. Mai 2015 zur öffentlichen Konsultation im Internet bereit. Betroffene, Interessierte und Experten sind eingeladen, den Text kritisch zu lesen und dem Redaktionsteam ihre Kommentare zu schicken. 
 
In Deutschland sollen Menschen, deren Krebserkrankung nicht mehr heilbar ist, nicht allein gelassen werden. Auch wenn es keine direkte Behandlung gegen den Tumor mehr gibt, soll ein Team aus Pflegenden, Ärzten, Seelsorgern, Hospizmitarbeitern und anderen sie bis zum Lebensende begleiten. Die Betroffenen sollen dabei ihren letzten Lebensabschnitt so weit wie möglich selbstbestimmt mit gestalten. Dies zu unterstützen, ist Aufgabe der Palliativmedizin. Wichtigstes Ziel der Palliativmedizin ist es, die Lebensqualität des erkrankten Menschen und dessen Angehörigen in der verbleibenden Lebenszeit zu erhalten.

In der Patientenleitlinie finden sich wissenschaftlich gesicherte Informationen darüber, wie häufige palliativmedizinische Beschwerden behandelt werden sollten und wie die Begleitung am Lebensende aussieht. Betroffene erfahren zudem, welche Unterstützungsmöglichkeiten, Betreuungseinrichtungen sowie Anlaufstellen es gibt.

Entwickelt wird die Patientenleitlinie im Rahmen des Leitlinienprogramms Onkologie, das gemeinsam von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) und der Deutschen Krebshilfe (DKH) getragen wird und die Verbesserung der Versorgung krebskranker Menschen zum Ziel hat. Patientenvertreter und Ärzte aus dem Kreis der Leitlinienautoren haben die Patientenleitlinie gemeinsam erstellt. Sie beruht auf den Handlungsempfehlungen der gleichfalls im Leitlinienprogramms Onkologie geförderten ärztlichen S3-Leitlinie „Palliativmedizin für Patienten mit einer nicht heilbaren Krebserkrankung“ und damit auf dem besten derzeit verfügbaren medizinischen Wissen. Betreuung und Redaktion erfolgten durch das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin.

Interessierte aus Fachkreisen und Selbsthilfeorganisationen sowie Betroffene können jetzt den Entwurf der Patientenleitlinie kostenfrei herunterladen und begutachten. 

Bis zum 30. Mai 2015 haben sie die Möglichkeit, diese Fassung zu kommentieren, Verbesserungsvorschläge zu machen oder Ergänzungen vorzuschlagen. 

Für die Begutachtung steht auch ein Fragebogen zur Verfügung. Das Redaktionsteam sichtet alle Rückmeldungen und entscheidet dann über deren Berücksichtigung in der endgültigen Version.

So finden Sie die Dokumente im Internet:

• Konsultationsfassung der Patientenleitlinie
http://www.patienten-information.de/mdb/edocs/pdf/literatur/palliativmedizin-1aufl-konsultationsfassung.pdf

• Fragebogen Rückmeldung
http://www.patienten-information.de/mdb/edocs/word/palliativmedizin-fragebogen-konsultation.doc

• Übersicht Patientenleitlinien des Leitlinienprogramms Onkologie
http://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/Patientenleitlinien.8.0.html

• Patientenleitlinien des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin
http://www.patienten-information.de/patientenleitlinien


Medizin am Abend DirektKontakt:

Dr. med. Lydia Bothe
Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin
TiergartenTower, Straße des 17. Juni 106-108
10623 Berlin
Telefon: 4005-2501/-2504
Fax: 030 4005 2555
E-Mail: patienteninformation@azq.de
Corinna Schaefer Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin

In-vivo Dunkelfeld-Röntgenaufnahmen: Lungenemphysem

Medizin am Abend Fazit: In-vivo Dunkelfeld-Röntgenaufnahmen erlauben Frühdiagnose und Klassifizierung von Lungenemphysem

Das Lungenemphysem ist eine der häufigsten schwerwiegenden Lungenerkrankungen, dessen Fortschreiten bei früher Erkennung und optimaler Therapie deutlich verlangsamt werden kann. Mitarbeiter des Instituts für Klinische Radiologie am Klinikum der Universität München (LMU) konnten in Zusammenarbeit mit Forschern der Technischen Universität und des Helmholtz Zentrums München zeigen, dass mittels Dunkelfeld-Bildgebung im Tierversuch bereits ein beginnendes Lungenemphysem sicher diagnostiziert werden kann. Auch eine Einteilung in verschiedene Schweregrade der Erkrankung ist mit diesem neuartigen Röntgen-Verfahren möglich. 

Beschreibung der Abbildung siehe Text in der Pressemitteilung.
Anders als bei der konventionellen Röntgenbildgebung, deren Funktionsweise auf der unterschiedlichen Absorption (Abschwächung) von Röntgenstrahlen beim Durchtritt durch Gewebe basiert, wird mit der neuartigen Dunkelfeld-Bildgebung die Streuung von Röntgenstrahlen im Gewebe sichtbar gemacht. Diese Streuung tritt zum Beispiel an Grenzflächen zwischen Luft und Gewebe auf. Aus diesem Grund bildet das Dunkelfeld-Bild die Lunge in idealer Weise ab: Da das Grundgerüst der Lunge aus sehr vielen kleinen Lungenbläschen (Alveolen) besteht, an denen der Gasaustausch zwischen Blut und Atemluft stattfindet, ergeben sich unzählige Luft-Gewebe-Grenzflächen. Beim Durchtritt durch die gesunde Lunge wird die Röntgenstrahlung in alle Raumrichtungen gestreut, wodurch ein starkes Dunkelfeld-Signal entsteht.

Im Verlauf eines Lungenemphysems werden die Alveolen nach und nach zerstört und die Anzahl der Luft-Gewebe-Grenzflächen ist reduziert. Treten Röntgenstrahlen durch eine vom Emphysem betroffene Lunge, werden diese daher weniger gestreut. Im Tierversuch wurde ein deutlicher Signalabfall im Dunkelfeld-Röntgenbild der Lunge festgestellt. Dabei zeigt die Signalstärke des Dunkelfeldbildes eine exzellente Korrelation mit der Gewebe-Beschaffenheit der Lunge (siehe Foto). Beschreibung: In der Maus zeigt sich ein deutlicher Signalabfall im Dunkelfeld-Röntgenbild (untere Zeile) der vom Emphysem betroffenen Lunge. Im konventionellen Bild (obere Zeile) ist die Krankheit selbst für den Experten nicht zuverlässig erkennbar. Links: gesunde Lunge; Mitte: mildes Emphysem; Rechts: schweres Emphysem.

Somit kann die Dunkelfeld-Bildgebung auch ein beginnendes Lungenemphysem sicher diagnostizieren und sogar eine Einteilung in verschiedene Schweregrade der Erkrankung ermöglichen. Dies ist in der konventionellen Transmissions-Bildgebung auf Grund der geringen Dichte des Lungengewebes nicht möglich. Im konventionellen Röntgenbild kann die Diagnose "Lungenemphysem" zumeist erst sehr spät gestellt werden, nämlich erst dann, wenn die Lunge deutlich überbläht ist und sich zum Beispiel die Proportionen der knöchernen Brustwand ändern, oder das Zwerchfell durch die überblähte Lunge flach gedrückt wird.

Es ist davon auszugehen, dass etwa 1.000.000 Menschen in Deutschland ein Lungenemphysem haben, wobei vor allem rauchende Männer und Frauen jenseits des 50. Lebensjahres betroffen sind. Die Zerstörung der Lungenbläschen hat zur Folge, dass sich die Lungenoberfläche verkleinert und der Sauerstoffgehalt im Blut sinkt. In der Folge leiden die Patienten an Atemnot, Husten, blaugefärbten Lippen und Fingernägeln und einem fassförmig aufgeblähten Brustkorb. Geheilt werden kann ein Lungenemphysem derzeit nicht, aber eine optimale Therapie kann das Fortschreiten der Krankheit deutlich verlangsamen. Eine frühere Diagnose mittels Dunkelfeld-Bildgebung könnte durch eine geeignete Behandlung die Lebensqualität und Lebenserwartung der Betroffenen entscheidend verbessern.

Mit dem Dunkelfeld-Röntgen ergeben sich aber auch weitere völlig neue Anwendungsmöglichkeiten in der Lungen-Bildgebung. Zum Beispiel könnte die Technik Verwendung bei Screening-Untersuchungen, bei Verlaufsbeobachtungen oder bei Therapie-Studien finden – ganz ohne Zuhilfenahme der Computertomographie, die deutlich strahlungsintensiver ist. Die neuartige Röntgentechnik findet derzeit noch keine Anwendung in der klinischen Praxis. Bisher konnte die Überlegenheit der Methode in der Diagnostik des Lungenemphysems an lebenden Mäusen gezeigt werden. Eine Überführung der Ergebnisse in eine klinische Anwendung ist Hauptziel der aktuellen Forschungsaktivitäten.

Die Forschung wird gefördert durch das DFG Exzellenzcluster "Munich Centre for Advanced Photonics" (MAP). Beteiligt ist das Klinikum der LMU München, Institut für Klinische Radiologie (Dr. med. Katharina Hellbach, Dr. med. Felix Meinel, PD Dr. med. Tobias Saam, Prof. Maximilian F. Reiser), die Technische Universität München, Physik Department (Andre Yaroshenko, Dr. rer. nat. Astrid Velroyen, Mark Müller, Prof. Franz Pfeiffer), sowie das Helmholtz Zentrum München, Comprehensive Pneumology Center (Dr. med. vet. Ali Önder Yildirim, Prof. Oliver Eickelberg).

Referenz: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/?term=Hellbach+K%2C+Yaroshenko+A%2C+Meinel+FG...# (Veröffentlichung in Investigative Radiology im Juli 2015)

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Therapieansätze für die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD*)

Medizin am Abend Fazit

Wissenschaftlern am Helmholtz Zentrum München ist es erstmals gelungen, an dreidimensionalen, menschlichen Lungengewebsproben den Einfluss neuer Therapieansätze für die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD*) zu erproben. Die Ergebnisse sind nun im Fachjournal European Respiratory Journal veröffentlicht.

Einem Team um Dr. Dr. Melanie Königshoff und der Doktorandin Franziska Uhl am Comprehensive Pneumology Center des Helmholtz Zentrums München ist es nun zusammen mit klinischen Partnern erstmals gelungen, an dreidimensionalem, lebendem, menschlichem Lungengewebe zu forschen. Die Forscher griffen dabei auf eine Vielzahl chemischer, biologischer und bildgebender Verfahren zurück.

„Wir konnten so zeigen, dass die Aktivierung des Wnt/beta-Catenin**-Signalweges eine Reparatur in dem kranken Lungengewebe anstößt, die abhängig ist vom Erkrankungsstadium des Patienten“, sagt Uhl. Mit ihrem Verfahren etablierten Königshoff und ihr Team völlig neue Möglichkeiten zur Bewertung pathologischer Veränderungen, zu funktionalen Studien und insbesondere auch zur Erprobung pharmazeutischer Wirkstoffe, die unter den früheren Versuchsbedingungen nicht mögliche gewesen wären.

Großer Fortschritt mit neuer Methode

„Bisher benutzte Zellkulturen von Versuchstieren oder Menschen in der Petrischale waren auf zwei Dimensionen und auf einzelne Zeitpunkte beschränkt“, erklärt Königshoff. Die neue Methode erlaubt es, krankes Lungengewebe von Patienten sowie mögliche Reparaturmechanismen in 3D und mit hoher zeitlicher Auflösung zu beobachten. So entstanden räumlich und zeitlich hoch aufgelöste Bilder des erkrankten Lungengewebes, an denen man Veränderungen in und an den Lungenbläschen gut ablesen kann.

Mit dieser Methode schließt sich die Lücke, die bisher zwischen der Identifizierung von Wirkstoffen, deren Testung in der präklinischen Forschung und deren Anwendung am Patienten bestand. „Wir hoffen auf diesem Weg langfristig Therapien entwickeln zu können, die eine Reparatur des Lungengewebes im Patienten selbst anstoßen“, sagt Königshoff.

Das Forscherteam will im nächsten Schritt die Studie auf eine zahlenmäßig breitere Basis stellen, weitere neue Therapieansätze testen und die Analyse auf andere Lungenkrankheiten wie etwa die Lungenfibrose und den Lungenkrebs ausdehnen.

Weitere Informationen

Hintergrund:


*COPD steht für chronisch obstruktive Lungenerkrankung (chronic obstructive pulmonary disease); sie wird hervorgerufen durch eine chronisch entzündliche Lungenerkrankung, die zu einer Verengung der kleineren Atemwege führt. Sie tritt in erster Linie bei Rauchern auf und wird oft begleitet von übermäßiger Schleimproduktion und Atemnot bei Belastung.
Bei der COPD handelt sich um eine chronisch entzündliche Lungenerkrankung. Schätzungsweise 13 Prozent der Erwachsenen über 40 Jahren leiden in Deutschland daran. Die Erkrankung verursacht einen hohen volkswirtschaftlichen Schaden. Sie ist durch übermäßige Schleimproduktion und Atemnot bei Belastung sowie einem Verlust von funktionellem Lungengewebe, den Lungenbläschen, gekennzeichnet. COPD ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht heilbar, man kann lediglich den Verlauf verlangsamen. Eine Lungentransplantation ist die einzige Rettungsmöglichkeit, die aber durch die geringe Anzahl von Spenderorganen immer noch die Ausnahme bleibt.

**Der Wnt-Signalweg ist einer von vielen Wegen zur Weitergabe von Signalen, durch die Zellen auf äußere Veränderungen reagieren können. Der Signalweg ist nach seinem Hauptakteur „Wnt“ benannt, einem Signalprotein, das als lokaler Vermittler eine wichtige Funktion bei der Entwicklung verschiedener tierischer Zellen einnimmt. An der Weiterleitung der Signale sind zahlreiche Proteine beteiligt, darunter das beta-Catenin.

Original-Publikation

Preclinical validation and imaging of Wnt-induced repair in human 3D lung tissue cultures. DOI: 10.1183/09031936.00183214

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Michael van den Heuvel Helmholtz Zentrum München - Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt

 

Pflegebedürftigkeit - bricht das Pflegesystem zusammen?

Medizin am Abend Fazit: Familienähnliche Betreuung in Pflege-WGs

Angesichts des demografischen Wandels wächst der Pflegebedarf in unserer Gesellschaft, gleichzeitig lösen sich traditionelle Familienstrukturen auf und die Möglichkeiten für häusliche Pflege nehmen ab. Höchste Zeit politisch zu agieren und diese Versorgungslücke zu schließen, sagen die Soziologinnen Prof. Dr. Birgit Riegraf und Dr. Romy Reimer von der Universität Paderborn. In einer zweijährigen, qualitativ angelegten und vom Land NRW finanzierten Studie haben sie Wohn-Pflege-Gemeinschaften als alternative, geschlechtergerechte Betreuungsform untersucht – und sehen darin ein tragfähiges Zukunftsmodell. 

Daten: Statistisches Bundesamt, Pflegestatistik 2011, Deutschlandergebnisse
 
Zwar werden immer noch 47 % der Pflegebedürftigen in Deutschland zuhause von ihren Angehörigen versorgt, dabei aber zunehmend Migrantinnen in häufig illegalen oder halblegalen Beschäftigungsverhältnissen eingesetzt. „Ohne diese 24 Stunden-Pflegekräfte würde unser bisheriges Pflegesystem zusammenbrechen. Die Kleinfamilie mit Hausfrau gibt es so nicht mehr, beide Geschlechter sind immer häufiger voll erwerbstätig. Angehörige geraten dadurch zunehmend unter eine enorme psychische und physische Belastung“, sagt Birgit Riegraf.

Betroffene geraten in einen Konflikt zwischen der Liebe und Fürsorge für ihre Angehörigen und den Anforderungen des (Berufs-) Leben. Ein Heim kommt für viele Familien dabei nicht in Frage, weil dort die Bedingungen häufig sehr abschreckend sind. Birgit Riegraf und Romy Reimer sehen in den Wohn-Pflege-Gemeinschaften eine Betreuungsform, die pflegende Angehörige stark entlastet und gleichzeitig ihren emotionalen Bedürfnissen, sich weiterhin mit den Pflegebedürftigen auseinanderzusetzen, gerecht werden kann.

Seit den 1990er Jahren organisieren Angehörige dementer Menschen solche WGs: Dabei leben vier bis zwölf Bewohner in einem familienähnlichen Wohnumfeld zusammen und sollen so lange wie möglich in ihrer Selbständigkeit gefördert werden. Die Betreuung übernehmen professionelle Pflegekräfte. Deren Zeit für individuelle Zuwendung ist deutlich höher als in klassischen Pflegeheimen, ihre Arbeitsbedingungen sind wesentlich attraktiver. Das belegen die Studienergebnisse.

Die Paderborner Soziologinnen haben qualitative Interviews mit 24 Angehörigen und 19 Pflege- und Betreuungskräften in insgesamt elf Einrichtungen in Nordrhein-Westfalen und Hamburg geführt. Auch für die Angehörigen ist das Konzept demnach eine große Entlastung, obwohl Organisation und Verwaltung mit einigem Aufwand verbunden ist. „Wir haben festgestellt, dass in diesen Arrangements viele Formen bürgerschaftlichen Engagements zu finden sind, die sich in der Gemeinschaft von Angehörigen gegenseitig verstärken.“

Viele der Wohn-Pflege-Gemeinschaften sind von Angehörigen selbst verwaltet, eine zunehmende Zahl von karitativen Trägern, nur wenige von Kommunen. Je nach Landespolitik ist ihre Verbreitung in den Bundesländern sehr unterschiedlich. Die Forderung der Soziologinnen lautet, diese Pflegeform genauso finanziell zu fördern wie es bislang im stationären Bereich der Fall ist – und auch die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Insgesamt müsse der Pflegekrise durch ein regional abgestimmtes Pflegeangebot begegnet werden: ein Angebotsmix für unterschiedliche Bedürfnisse mit den Wohn-Pflege-Gemeinschaften als ein Baustein. „Die Politik hat zu lange versäumt, das Thema anzugehen, obwohl die Entwicklungen lange absehbar waren und wir letztlich alle davon betroffen sind.“ Es gelte, die Pflegearbeit zu vergesellschaften, also sie von der Verantwortung der einzelnen Familien weg „nach draußen“ zu verlagern und zu professionalisieren, Arbeitsbedingungen und Bezahlung der enorm anstrengenden Pflegearbeit zu verbessern. Nur so könne die traditionelle Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern aufgebrochen werden und diese Arbeit mittelfristig eine andere gesellschaftliche Wertschätzung bekommen.

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Masernwelle in Berlin - Ärzte in der Pflicht?

Medizin am Abend Fazit:  Die Masernwelle in Berlin ebbt nicht ab

Ärzte in der Pflicht - GfV fordert breiteren Einsatz auch von neuen Impfstoffen

Zu gering ist der Anteil der Menschen, die die vollständige Impfung erhalten haben. Die Verantwortung dafür tragen nach Meinung der Gesellschaft für Virologie (GfV) nicht nur die Bürger. Vor allem Hausärzte müssten ihre Patienten öfter an notwendige Impfungen erinnern. Die Fachgesellschaft begrüßt daher die verpflichtende Impfberatung vor dem Kindergarten, die das neue Präventionsgesetz vorsieht. Es dürfe aber nicht nur die Masern-Impfung im Fokus stehen. 
 
Auch beispielsweise die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs bei Jugendlichen oder gegen Pneumokokken bei älteren Menschen würden noch viel zu selten eingesetzt. „Wir brauchen zudem ein langfristiges Impfkonzept für die kommenden Jahrzehnte“, so die GfV-Experten.

Auch in der 16ten Kalenderwoche Mitte April erkrankten erneut mehr als hundert Menschen in Deutschland an Masern – die meisten in Berlin, gefolgt von Sachsen und Thüringen. „Dabei könnte das Masernvirus bereits ausgerottet sein“, so Professor Dr. med. Thomas Mertens, Präsident der GfV vom Uniklinikum Ulm. Dafür sei jedoch eine sehr hohe Impfquote erforderlich.  

Diese hohe Beteiligung für die zweite Impfung habe bisher nur Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg erreicht. Am schlechtesten mit weniger als 90 Prozent zum Zeitpunkt der Schuleingangsuntersuchung schneiden Sachsen und Baden Württemberg ab.

Aber auch unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen bestehen erhebliche Impflücken. Mehr als die Hälfte aller Masern-Erkrankten sind in den aktuellen Ausbrüchen älter als 14 Jahre alt.

„Die Impfberatung vor dem Besuch einer Kindertagesstätte, vor allem aber die Kontrolle des Impfstatus bei jedem Arztbesuch seien wichtige Maßnahmen, um Impflücken etwa bei Masern, Röteln oder Mumps zu schließen“, so Mertens hinsichtlich des Präventionsgesetzes, das derzeit in der parlamentarischen Beratung steht.

Laut einer an der Universität Erfurt durchgeführten Studie würden sich mehr Menschen impfen lassen, wenn ihnen der Vorteil des Impfens für den Einzelnen und die Gesellschaft besser vermittelt würde. „Es ist bedauerlich, dass genau diese Beratung häufig nicht stattfindet“, so der GfV-Experte. Deshalb müsse das Thema Impfen mit allen Aspekten viel besser in die Ausbildung der Medizinstudenten eingebunden werden. Impfungen gehören zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven Maßnahmen, die der Medizin zur Verfügung stehen. „Eine grundsätzliche Lösung der Probleme, vor die uns altbekannte und regelmäßig neu auftretende Viren stellen, ist ohne Impfstoffe nicht denkbar“, so Mertens.

Die Gesellschaft für Virologie fordert Ärzte zudem auf, ihre Patienten besser über neue, weniger bekannte Impfstoffe zu informieren. Für Teenager stünde beispielsweise die Impfung gegen Gebärmutterhalskrebs zur Verfügung, bei älteren Menschen empfiehlt sich eine Impfung gegen Pneumokokken. „Diese Impfstoffe haben sich bereits als wirkungsvoll erwiesen. Dennoch werden sie in Deutschland zu selten eingesetzt“, kritisiert Professor Dr. med. Hartmut Hengel, Vizepräsident der GfV von der Universität Freiburg.

Ein anderes Problem, das Politiker und Experten im Präventionsgesetz berücksichtigen sollten, sei die langfristige Impfplanung. „Zwar impfen wir schon Säuglinge erfolgreich etwa gegen Hepatitis B, Mumps oder Windpocken“, so Hengel. Wichtig sei zu erforschen und zu planen, wie diese Impfungen im Erwachsenenalter weitergeführt werden müssen, um einen langfristigen Schutz der Menschen zu gewährleisten. Dafür fehle jedoch die finanzielle Unterstützung der zuständigen staatlichen Stellen. Die Forschungsnotwendigkeit thematisiert auch der Nationale Impfplan. Nur mit unabhängiger Forschung und einer guten Aufklärung seitens der Ärzteschaft können Erreger dauerhaft in Schach gehalten werden.

Robert Koch-Institut, Epidemiologisches Bulletin Nr. 17, 27.4.2015

Infektionsepidemiologischer Wochenbericht des LAGeSo - 27.04.2015

Betsch C1, Böhm R, Korn L, Health Psychol. 2013 Sep; 32(9):978-85, Inviting free-riders or appealing to prosocial behavior? game-theoretical reflections on communicating herd immunity in vaccine advocacy, doi: 10.1037/a0031590

Ch. Rautmann - Determinanten für die Umsetzung der Impfempfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) in den alten und neuen Bundesländern, Dissertation Universität Greifswald, 2013

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Kathrin Gießelmann
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Weitere Informationen für Medizin am Abend Beteiligte:
http://www.g-f-v.org

Freitag, 1.-Mai-2015 Krawalle - Wer zahlt bei Schäden?

Medizin am Abend Fazit: 1.-Mai-Krawalle - Wer zahlt bei Schäden?

Der 1. Mai steht vor der Tür und damit leider vielerorts wieder Ausschreitungen und Krawalle. "Wer in Stadtteilen und Gebieten wohnt, in denen Mai-Krawalle erfahrungsgemäß zu erwarten sind, sollte soweit wie möglich Vorsorge treffen und auch seinen Versicherungsschutz überprüfen", erklärt Frank Steiner, Schaden-Experte bei der Zurich Versicherung. "Die Geschädigten sind oft unsicher, ob sie selbst für ihre zerstörten Besitztümer aufkommen müssen oder ob ihre Versicherung solche Schäden abdeckt. Bei Beschädigungen, die im Rahmen solcher Krawalle passieren, ist der Täter allerdings nur sehr selten festzustellen und damit haftbar zu machen", so Steiner. 


Schäden an Fahrzeugen 

Empfehlenswert ist eine Voll- oder Teilkaskoversicherung für Fahrzeuge. Sind Fahrzeugscheiben zu Bruch gegangen, deckt diese Schäden bereits die Teilkaskoversicherung ab. "Da bei der Teilkaskoversicherung auch Gefahren wie Brand und Explosion versichert sind, greift diese zum Beispiel bei Brandstiftung durch einen Böller oder Brandsatz. In allen anderen Fällen von Vandalismus, etwa bei Blechschäden durch einen Pflasterstein, leistet eine Vollkaskoversicherung Schadenersatz", erläutert Frank Steiner.

Schäden an Gebäuden und Hausrat 

Brandschäden an Gebäuden und Hausrat, wie beispielsweise Briefkastenanlagen und Gartenmöbeln, werden in der Regel von der Wohngebäude- und Hausrat-Versicherung reguliert. Jedoch zahlt die Versicherung bei mit Eiern beworfenen Wänden oder beschädigten Türen und Fenstern nur, wenn in den Bedingungen des Vertrages böswillige Beschädigungen mitversichert sind. Zerstörte Fensterscheiben werden auch reguliert, wenn eine Glasversicherung besteht. Für Farbbesprühungen an der Hausfassade gilt: Solche Schäden sind nur gedeckt, wenn der Vertrag auch Graffitischäden einschließt. "Prüfen Sie bereits jetzt Ihre Policen und erweitern Sie gegebenenfalls Ihren Versicherungsschutz", rät der Zurich Experte.

Verletzungen von (unbeteiligten) Personen 

Für eine Übernahme der Schäden bei Demonstrationen ist ausschlaggebend, ob sich der Verletzte bewusst in die Gefahrenlage begeben hat. "Die Versicherungsgesellschaften leisten in der Regel, wenn der Geschädigte als Unbeteiligter bei einer Demonstration verletzt wird. Allerdings gilt auch hier, dass der Versicherungsschutz im Einzelfall geprüft werden muss", weiß Frank Steiner. Kommt es zu schweren Verletzungen mit Spätfolgen, die die Arbeitskraft beeinflussen, kann der Verletzte auch Leistungen aus einer privaten Berufsunfähigkeitsversicherung oder einer Grundfähigkeitsversicherung erhalten. Auch hier ist es sinnvoll, sich bereits frühzeitig abzusichern. 

Der 1. Mai 

In vielen Ländern - so auch in Deutschland - ist der 1. Mai ein gesetzlicher Feiertag. Seinen Ursprung hat dieser "Maifeiertag" oder "Tag der Arbeit" bei einem Generalstreik im Jahr 1886. Damals streikten viele tausend Arbeiter in den gesamten USA für einen Achtstundentag. Der 1. Mai war dort traditionell der sogenannte "Moving day": der Stichtag, an dem Arbeitsverträge ausliefen oder neu geschlossen wurden. Bei einer Kundgebung in Chicago kam es auch zu Ausschreitungen mit Toten und Verletzten. Vier Jahre später, im Jahr 1890, gab es an diesem Tag zum ersten Mal weltweit Massenstreiks und -demonstrationen. Bis heute ist der 1. Mai nicht überall ein friedlicher Feiertag. Seit den 1980er Jahren gibt es in Deutschland regelmäßig gewalttätige Ausschreitungen - besonders in Hamburg und Berlin.



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Zurich Gruppe Deutschland 

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Neuropathie, Chronischer Schmerz - chronische Überempfindlichkeit,

Medizin am Abend Fazit: Körpereigenes Protein schützt Nervenzellen vor chronischer Überempfindlichkeit

Neu entdeckter Schutzmechanismus liefert neue Perspektive für die Therapie chronischer Schmerzen nach Nervenschäden / Heidelberger Wissenschaftler veröffentlichen in „Nature Medicine“ 

Seniorautorin Professor Dr. Rohini Kuner, Geschäftsführende Direktorin des Pharmakologischen Instituts der Universität Heidelberg
Seniorautorin Professor Dr. Rohini Kuner, Geschäftsführende Direktorin des Pharmakologischen Instituts der Universität Heidelberg
Universitätsklinikum Heidelberg


Nervenzellen schützen sich nach einer Verletzung mit einem bestimmten Protein vor chronischer Überempfindlichkeit. Ist das Protein dagegen in zu geringer Menge vorhanden, lösen bereits harmlose Reize – wie ein leichter Druck auf der Haut – Schmerzen aus. Diesen Schlüsselmechanismus der sogenannten Neuropathie haben Wissenschaftler aus Heidelberg, Israel und den USA in Laborversuchen entdeckt und nun im renommierten Journal „Nature Medicine“ veröffentlicht. Sie zeigten außerdem: Ein Medikament gegen Atemwegserkrankungen wirkt auf diesen Mechanismus ein und lindert die Schmerzüberempfindlichkeit. „Damit gibt es erstmals einen Ansatzpunkt für gezielt wirkende Medikamente gegen diese häufig therapieresistente Schmerzform“, sagt Seniorautorin Professor Dr. Rohini Kuner, Geschäftsführende Direktorin des Pharmakologischen Instituts der Universität Heidelberg. Tests mit möglichen Wirkstoffen laufen bereits.

Noch keine befriedigende Therapie bei chronischen Nervenschmerzen

Nervenschäden bei Diabetes oder Multipler Sklerose, Nervenverletzungen, etwa nach einem Unfall, Bandscheibenvorfälle oder Tumoren hinterlassen meist bleibende Spuren im Nervensystem und verursachen häufig chronische Schmerzen. Selbst wenn die ursprüngliche Verletzung geheilt ist, reagieren die Nervenzellen mit ihren Ausläufern in Armen, Beinen und Haut bereits auf leichte Reize wie Berührungen empfindlich. Bislang gibt es keine befriedigende Therapie für chronisch schmerzkranke Patienten: Bei rund der Hälfte bleiben die Schmerzen trotz Therapie weiter bestehen oder die verfügbaren Medikamente können aufgrund der zahlreichen Nebenwirkungen nicht ausreichend hoch dosiert werden. In Deutschland sind mehrere Millionen Menschen betroffen.

Die Suche nach den molekularen Hauptakteuren bei Neuropathien gestaltet sich schwierig: Bei einer Verletzung am Rückenmark verändert sich die Aktivität hunderter Gene und Proteine, die für Reparatur- und Heilungsprozesse, die Schmerzempfindlichkeit zur Schonung der verletzten Nervenzellen oder auch das Absterben von Nervenbereichen benötigt werden. „Es ist extrem schwierig, in diesem komplexen Zusammenspiel genau die Faktoren auszumachen, die unmittelbar mit dem Schmerzempfinden zusammenhängen“, so Kuner. Dank einer klugen Teststrategie gelang es den Kooperationspartnern der Hebräischen Universität in Jerusalem, Israel, und der Harvard Medical School in Boston, USA, gemeinsam mit dem Team um Professor Kuner, die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen zu finden.

Dabei handelt es sich um das Protein SerpinA3N, das im Tierversuch den wesentlichen Unterschied zwischen anhaltender Schmerzüberempfindlichkeit und normalem, wieder abklingendem Wundschmerz nach einer Nervenverletzung ausmachte. Während ein hoher Spiegel an SerpinA3N die Mäuse vor Überempfindlichkeit und Neuropathie schützte, hatte sein Fehlen bzw. ein Mangel eine anhaltend höhere Empfindlichkeit gegenüber leichten Druckreizen zur Folge.

Neue Wirkstoffe gegen Lungenentzündung blockieren Nervenschmerzen

Doch welcher Faktor löst die Überempfindlichkeit aus, vor der SerpinA3N schützt? Als Übeltäter erwies sich das Protein Leukozyten-Elastase, das von bestimmten Immunzellen, den Leukozyten, gebildet wird. Es wird von SerpinA3N, wenn dieses in ausreichender Menge vorhanden ist, gehemmt. „Die Leukozyten-Elastase kennt man von Entzündungsreaktionen z.B. bei Atemwegserkrankungen. Dass es eine so wichtige Rolle bei Nervenschmerzen spielt, war eine Überraschung“, sagt Lucas Vicuna, Doktorand bei Professor Kuner und Erstautor des Artikels. Zusammen mit einem Team des Deutschen Krebsforschungszentrums um Professor Dr. Bernd Armold zeigte er außerdem, dass das Protein in diesem Fall nicht von Leukozyten stammt, sondern von anderen Immunzellen, den sogenannten T-Zellen, die in das verletzte Nervengewebe einwandern. „Auch dieser Mechanismus war vorher noch völlig unbekannt“, so Vicuna.


Lucas Vicuna, Erstautor des Artikels.
Lucas Vicuna, Erstautor des Artikels. Privat

„Diese Ergebnisse liefern uns mehrere neue Ansatzpunkte für Therapien: Man könnte die Leukozyten-Elastase oder eventuell auch die Einwanderung der T-Zellen hemmen. Für beide Wege befinden sich bereits Wirkstoffe in der Entwicklung, allerdings zur Behandlung anderer Erkrankungen“, sagt Professor Kuner. So kam in der Arbeit ein Medikament zum Einsatz, das in Japan zur Therapie bei Lungenentzündungen zugelassen wurde und wie SerpinA3N die Leukozyten-Elastase blockiert. Der neu entdeckte therapeutischen Ansatz mit Hemmstoffen der Leukozyten-Elastase ist mit Unterstützung der technology transfer heidelberg GmbH, einer Tochter des Universitätsklinikums, zum Patent angemeldet.

Literatur:

Lucas Vicuña, David E Strochlic, Alban Latremoliere, Kiran Kumar Bali, Manuela Simonetti, Dewi Husainie, Sandra Prokosch, Priscilla Riva, Robert S Griffin, Christian Njoo, Stefanie Gehrig, Marcus A Mall, Bernd Arnold, Marshall Devor, Clifford J Woolf, Stephen D Liberles, Michael Costigan & Rohini Kuner. The serine protease inhibitor SerpinA3N attenuates neuropathic pain by inhibiting T cell–derived leukocyte elastase. Nature Medicine. April 2015 doi: 10.1038/nm.3852

Medizin am Abend DirektKontakt:

Professor Dr. Rohini Kuner
Geschäftsführende Direktorin
Pharmakologisches Institut
Universitätsklinikum Heidelberg
E-Mail: rohini.kuner@pharma.uni-heidelberg.de
Tel.: 06221 54-8247 (Sekr.) 
Julia Bird Universitätsklinikum Heidelberg

Behandlungsmöglichkeiten von schmerzreichen Gelenk- und Knochenerkrankungen

Medizin am Abend Fazit: Arthritis: Zusammenwirken von Gehirn und Immunsystem

Wissenschaftler aus Jena, Erlangen, Nürnberg und Berlin erforschen bessere Behandlungsmöglichkeiten für chronisch schmerzende Knochen- und Gelenkerkrankungen. Sie untersuchen dabei, wie dass Gehirn die Immunprozesse beeinflusst, die die krankhaften Veränderungen in den Gelenken bewirken, und wie das Immunsystem zur Entstehung der Schmerzen beiträgt. Ziel ist es, die Wechselwirkungen zwischen nerven- und Immunsystem besser zu verstehen und therapeutisch nutzbar zu machen. Der Förderbescheid für den Verbund „Neuroimmunologie und Schmerz“ wurde heute (27.4.2015) von Stefan Müller, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, übergeben. 


Die Wissenschaftlerin Dr. Sylvia Müller bearbeitet im Durchflusszytometrielabor eine  immunologische Fragestellung des Verbundes.
 Die Wissenschaftlerin Dr. Sylvia Müller bearbeitet im Durchflusszytometrielabor eine immunologische Fragestellung des Verbundes. Foto: Michael Szabo, UKJ
 
Europaweiten Studien zufolge leidet etwa jeder fünfte Erwachsene an chronischen Schmerzen, meist im Rücken oder den Gelenken. Neben der individuellen Belastung für die Betroffenen stellt das ein enormes gesundheitsökonomisches Problem dar. Ein jetzt gestarteter Verbund von Immunologen, Schmerzforschern, Orthopäden und Rheumatologen verfolgt mit einem translationalen Ansatz das Ziel, die Behandlung solcher chronischer Schmerzen zu verbessern.

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert den auf vier Jahre angelegten Forschungsverbund mit insgesamt 3,8 Millionen Euro. „Wir unterstützen den Aufbau interdisziplinärer Forschungsverbünde zu Erkrankungen des Bewegungsapparats. Ziel der Verbünde ist es, gemeinsam Behandlungsmethoden und Präventionsansätze zu verbessern. Entscheidend ist, dass die Forschungsergebnisse rasch in der Patientenversorgung ankommen“, sagte der Parlamentarische Staatssekretär im BMBF, Stefan Müller, heute (27.4.2015) bei der Übergabe des Förderbescheides in Jena.


Stefan Müller (li.) überreichte den Förderbescheid an den Verbundkoordinator Prof. Dr. Hans-Georg Schaible.
 Stefan Müller (li.) überreichte den Förderbescheid an den Verbundkoordinator Prof. Dr. Hans-Georg Schaible. Foto: Michael Szabo, UKJ


„Bei schmerzreichen Gelenk- und Knochenerkrankungen wie Arthritis und Rheuma, aber auch bei Osteoporose beeinflusst das Nervensystem das Krankheits- und Entzündungsgeschehen. Die Krankheitsprozesse und das Immunsystem haben wiederum langfristig einen prägenden Einfluss auf Schmerzempfinden und Schmerzgedächtnis“, erklärt Prof. Dr. Hans-Georg Schaible, Neurophysiologe am Universitätsklinikum Jena, der den Verbund koordiniert. „Diese Wechselwirkung von Nerven- und Immunsystem wollen wir besser verstehen und auf Ansatzpunkte für die bessere Behandlung der chronischen Schmerzen untersuchen.“

Ein Teilprojekt in Erlangen erfasst beispielsweise die schmerzbedingte Hirnaktivität bei chronischer Arthritis mittels Magnetresonanzbildgebung. Die Wissenschaftler wollen dabei herausfinden, ob sich diese Schmerzaktivität im Gehirn ändert, wenn Entzündungsbotenstoffe blockiert werden. Eventuell lassen sich durch die Neutralisation dieser Zytokine sogar Veränderungen der Hirnstruktur, die durch den chronischen Arthritisschmerz eingetreten sind, rückgängig machen.

Ob und wie schnell sich die Hirnaktivität bei der medikamentösen Neutralisation der Entzündungsstoffe ändert, erlaubt möglicherweise auch eine Voraussage darüber, ob sich so der ansonsten in den betroffenen Gelenken fortschreitende Krankheitsprozess langfristig aufhalten lässt.

Der Projektteil der Immunologen am Uniklinikum Jena beschäftigt sich mit den Mechanismen der Arthritis, insbesondere mit der Steuerung von Fibroblasten und Osteoklasten durch das autonome Nervensystem. Diese Zellen sind maßgeblich an der fortschreitenden Gelenkerstörung beteiligt. „Wir wissen, dass die Aktivität von Lymphozyten und Makrophagen als wichtigen Zellen des Immunsystems vom autonomen Nervensystem moduliert werden. Noch ist unbekannt, ob das bei nsynovialen Fibroblaste und Osteoklasten auch der Fall ist“, beschreibt Prof. Dr. Thomas Kamradt seinen Ansatz. „Von der gezielten Beeinflussung der neuronalen Prozesse und der Kombination mit Wirkstoffen gegen die Entzündung und gegen den Gewebeabbau versprechen wir uns eine bessere Behandlung der Arthritis.“

Weitere Teilprojekte untersuchen zum Beispiel die Rolle des peripheren Nervensystems bei der Heilung von Knochenbrüchen, die typisch sind für Osteoporose, oder, wie das körpereigene Opioidsystem bei Arthritis reguliert wird. Zum Verbund gehört auch eine klinische Studie, die an der Charitè durchgeführt wird.

Darin wollen die Berliner Rheumatologen testen, ob Entzündungsgrad und Schmerzen bei Arthritispatienten durch eine Gabe von Morphin direkt in das betroffene Gelenk gelindert werden können.

Das Forschungsprogramm der Wissenschaftler baut auf den Ergebnissen früherer gemeinsamer Kooperationen auf und zielt auf die Überführung im Labor gewonnener Erkenntnisse in klinische Projekte. „Wir arbeiten daraufhin, dass die Wechselwirkungen von Nerven- und Immunsystem bei muskoloskelettalen Erkrankungen größeren Eingang in umfassende klinische Studien finden“, so Professor Schaible.


Medizin am Abend DirektKontakt:

Prof. Dr. Hans-Georg Schaible
Institut für Physiologie I,
Universitätsklinikum Jena
Tel.: 03641-938810
E-Mail: Hans-Georg.Schaible[at]med.uni-jena.de

Dr. Uta von der Gönna Universitätsklinikum Jena

 

Sprechen und Stottern

Medizin am Abend Fazit: Sprechen und Stottern von linker Hirnhälfte gesteuert

Göttinger Forscher klären, welche Hirnhälfte die Sprechvorbereitung steuert und finden Ursachen für Stottern. Veröffentlicht in „Brain“. 

Dr. Nicole Neef 
Dr. Nicole Neef Foto: privat

Fließend zu sprechen, kann eine Herausforderung sein – auch für politische oder mathematische Genies wie Winston Churchill oder Alan Turing. Neue Forschungsdaten von Wissenschaftlern aus Göttingen zeigen nun, wie Bewegungsbereiche des Gehirns das Sprechen vorbereiten, und was dabei bei Menschen gestört ist, die seit der Kindheit stottern. Die Ergebnisse überraschten: Anders als gedacht, spielt für das Sprechen vor allem die linke Hirnhälfte eine Rolle. Veröffentlicht sind die Untersuchungen in der März-Ausgabe der medizinischen Fachzeitschrift „Brain“.

Originalpublikation: Speech dynamics are coded in the left motor cortex in fluent speakers but not in adults who stutter. Neef NE, Hoang TN, Neef A, Paulus W, Sommer M. Brain. 2015 Mar;138(Pt 3):712-25.

Bekannt ist: Die Bewegung des rechten Armes und des rechten Beines wird von der gegenüberliegenden linken Gehirnhälfte gesteuert. Dagegen sind die mittelliniennahe Sprechorgane wie Zunge, Lippen, Kiefer und Stimmlippen beidseitig gesteuert: Beide Hirnhälften innervieren beide Muskeln beider Seiten. Man hätte also annehmen können, dass auch die Sprechvorbereitung in beiden Hirnhälften gesteuert wird.

Dr. Nicole Neef und Prof. Dr. Martin Sommer, beide aus der Klinik für Klinische Neurophysiologie der Universitätsmedizin Göttingen, haben zusammen mit Dr. Andreas Neef, Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation, Göttingen, die Frage erstmals geklärt. Sie verwendeten dafür eine Technik mit hoher zeitlicher Auflösung: Sie stimulierten mit kurzen elektromagnetischen Impulse während des Sprechens die Bereiche des Gehirns, die die Zunge steuern. Elektroden auf der Zungenmuskulatur machten es erstmals möglich, Änderungen in der lokalen Hirnerregbarkeit während des Sprechvorganges zu verfolgen.


Bei der Kontrollgruppe nicht stotternder Erwachsener zeigte vor allem die linke Hirnhälfte während des Sprechvorgangs eine dynamische Regulierung der Erregbarkeit, die die Zungenbewegung steuert. Diese Modulation fehlt bei Stotternden, abhängig von der Stotterschwere. Je schwerer die untersuchten Probanden gestottert haben, desto schlechter funktioniert die Bewegungsvorbereitung im linksseitigen motorischen Areals des Gehirns.

ERGEBNISSE
Die Untersuchungen der Göttinger Forscher zeigen: Sprechvorgänge werden überwiegend von der linken Hirnhälfte aus gesteuert. Dies war bislang zwar für die Sprachverarbeitung geklärt, für die Sprechvorbereitung aber nicht klar. 

Diese Ergebnisse integrieren strukturelle und neurophysiologische Befunde in ein plausibles Modell der Sprech-Pathophysiologie für Stottern, das in der Kindheit entstanden ist. Die Ergebnisse zeigen, an welcher Stelle des Gehirns bei Stotternden die Ausführung des Sprechvorgangs gestört ist. „Die Wechselbeziehung zum Ausmaß des Stotterns legt darüber hinaus eine funktionelle Bedeutung des Befundes nahe“, sagt Prof. Dr. Martin Sommer, Letzt-Autor der Publikation. Der linke Motorkortex und die seine Erregbarkeit beeinflussenden, verbundenen Hirnbereiche können nun gezielt untersucht und beeinflusst wer-den, um flüssiges Sprechen zu erleichtern.

Prof. Dr. Martin Sommer


Prof. Dr. Martin Sommer Foto: privat

Medizin am Abend DirektKontakt

Universitätsmedizin Göttingen, Georg-August-Universität
Klinik für Klinische Neurophysiologie
Prof. Dr. Martin Sommer, Telefon 0551 / 39-8463
Robert-Koch-Straße 40, 37075 Göttingen
msommer@gwdg.de
Stefan Weller Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität

ARDS - akutem Lungenversagen / Notruf-Hotline Krankenhaus

Medizin am Abend Fazit: Notfall-Hotline des Dresdner Uniklinikums unterstützt Intensivmediziner regionaler Krankenhäuser

Experten der Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden unterstützen die Krankenhäuser der Region mit einer Notruf-Hotline. Sie sind unter dieser Nummer rund um die Uhr erreichbar, um ihre Krankenhaus-Kollegen aus Ostsachsen bei der Behandlung von Patienten mit akutem Lungenversagen (ARDS) zu beraten. Dieses Angebot und weitere Netzwerk-Konzepte aus dem Bereich der Notfall- und Intensivmedizin bilden einen der Schwerpunkte auf dem Deutschen Anästhesiecongress, der unter der Präsidentschaft von Klinikdirektorin Prof. Thea Koch vom 7. bis 9. Mai in Düsseldorf stattfindet. 

Prof. Dr. Thea Koch, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie.
Prof. Dr. Thea Koch, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie. Foto: Uniklinikum Dresden/Christoph Reichelt
 
Als Präsidentin des Deutschen Anästhesiecongresses 2015 hat sich Prof. Koch unter anderem für das Thema Telemedizin in der Intensiv- und Notfallversorgung von Patienten stark gemacht. Zwar sind bereits erste Projekte etabliert, die mithilfe von Telekommunikation die klinikübergreifende Zusammenarbeit fördern. Doch anders als in der Akutversorgung von Schlaganfallpatienten durch Neurologen fehlt es den Anästhesisten und Notfallmedizinern noch an finanziellen Mitteln zum Aufbau regionaler Strukturen in der Telemedizin. Prof. Thea Koch warnt vor den sich daraus ergebenden Einschränkungen in der Krankenversorgung aber auch in der Forschung: „Die Telemedizin ermöglicht schwerkranken Patienten unabhängig von ihrem Wohnort die bestmögliche Behandlung. Deshalb ist es wichtig, solche Netzwerke zu fördern und auszubauen. Als Partner der Medizin ist hier auch die Politik in der Pflicht, die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen und vielversprechende Konzepte finanziell abzusichern.“

Seit drei Jahren engagiert sich die Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie dafür, regionale Krankenhäuser bei der Versorgung von Intensivpatienten zu unterstützen. Mediziner aus umliegenden Kliniken können im Rahmen einer Notruf-Hotline rund um die Uhr erfahrene Oberärzte der Klinik kontaktieren. Genutzt wird dies unter anderem bei gravierenden Lungenproblemen von intensivmedizinisch versorgten Patienten. Verschlechtert sich deren Zustand im Laufe der Therapie weiter, bietet das Uniklinikum eine Verlegung des Patienten nach Dresden an. Dieses Angebot wird von vielen Medizinern aus dem Umland hochgeschätzt. Die Verlegung bietet den entscheidenden Vorteil, dass modernste Medizintechnik, wie zum Beispiel die extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO), bereitsteht. Hierbei übernimmt eine Maschine die Funktion der Lunge und reichert das Blut des Patienten außerhalb des Körpers mit Sauerstoff an. Für die Dauer der Behandlung kann die Lunge somit maximal geschont werden.

„Leider gibt es aber auch immer wieder Fälle, in denen wir vor der Verlegung Zeit verlieren, da wir Voruntersuchungen vornehmen müssen, die sich mit telemedizinischen Möglichkeiten wie einer gemeinsamen Datenbank, einer Web-Cam-Zuschaltung oder einer digitalen Übersicht zu den Vitalwerten des Patienten vermeiden ließen“, erklärt Privatdozent (PD) Dr. Peter Spieth, der die Notruf-Hotline seit ihrer Gründung begleitet. Das bestehende Programm wird im Sommer 2015 weiter ausgebaut. Durch die Inbetriebnahme eines in Dresden stationierten und mit Ärzten des Uniklinikums besetzten Intensiv-Krankentrans¬portwagens (ITW) lässt sich die Verlegung von schwerstkranken Patienten deutlich verbessern.

Dresdner Uniklinikum ist Vorreiter bei Medizin-Netzwerken

Das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus ist bundesweit Vorreiter beim Aufbau von Netzwerken zur medizinischen Versorgung von Patienten. Die Basis bildet dabei die 2008 gegründete Carus Consilium Sachsen GmbH, eine Tochterfirma des Uniklinikums, die mit verschiedensten Partnern aus Sachsens Wirtschaft, Forschung und Politik zusammenarbeitet, um die Krankenversorgung in der Region zu verbessern. Die Chancen speziell der telemedizinischen Vernetzung zeigen sich heute bereits deutlich an der Klinik für Neurologie. Hier werden Schlaganfallpatienten aus ganz Ostsachsen im Rahmen des SOS-NET-Programms, dem unter anderem eine Web-Cam-Betreuung zugrunde liegt, telemedizinisch versorgt. „Die Vernetzung und damit auch Durchdringung des ländlichen Raums wird in Zukunft immer wichtiger werden“, sagt Prof. Thea Koch. „Die Erweiterung unseres bestehenden Programms ist daher ein erster Schritt in die richtige Richtung. Nun gilt es aber auch die Möglichkeiten der neuen Kommunikationsmittel auszuschöpfen und massiv in den Ausbau der telemedizinischen Versorgung zu investieren, um in der Krankenversorgung unabhängig vom Behandlungsort zeitgemäße Spitzenmedizin leisten zu können.“

Medizin am Abend DirektKontakt

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie
Direktorin: Prof. Dr. Thea Koch
Tel. 0351/ 4 58 34 53 (Sekretariat)
E-Mail: thea.koch@uniklinikum-dresden.de 
Holger Ostermeyer Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden

Bakterium E. coli-536 – ein ungebetener Gast im Darm

Medizin am Abend Fazit: Bakterium E. coli-536 – ein ungebetener Gast im Darm

Kleine Löcher in der Darmwand führen zu entzündlichen Darmerkrankungen

Wissenschaftler der Charité – Universitätsmedizin Berlin entschlüsseln einen bislang unbekannten Mechanismus im Kontext chronisch entzündlicher Darmerkrankungen. Kolibakterien, die das Protein Alpha-Hämolysin produzieren, sind wesentlich an entzündlichen Vorgängen im Darm beteiligt. Wie die Mediziner und Biologen des Instituts für Klinische Physiologie der Charité jetzt festgestellt haben, führt der Giftstoff Alpha-Hämolysin zu kleinen Löchern in der Darmwand – Kanäle für entzündungsauslösende Stoffe. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Gut* veröffentlicht. 

 
Die meisten Bakterienstämme der Escherichia coli werden als symbiotische Gäste in der Darmflora angesehen, einige besitzen probiotische, gesundheitsförderliche, Eigenschaften. 

Andere Kolibakterien hingegen, insbesondere solche, die Harnwegserkrankungen auslösen – beispielsweise E. coli-536, besitzen Eigenschaften, die zu entzündlichen Darmerkrankungen führen oder diese verstärken. Wie die Forscher um Prof. Dr. Jörg-Dieter Schulzke im Tiermodell und anhand menschlicher Zellproben nachweisen konnten, verursacht das Zellgift Alpha-Hämolysin dieser Kolibakterien kleine Löcher in der Darmwand. Die Wissenschaftler nennen sie „focal leaks“. Durch die focal leaks können in der Folge Stoffe aus dem Darm in den Körper übertreten und somit Entzündungen begünstigen.

„Bei Patienten mit Colitis ulcerosa, einer häufigen, chronisch entzündlichen Darmerkrankung, konnten wir ein vermehrtes Auftreten des Alpha Hämolysins in der Darmwand nachweisen. Das zeigt, dass diese Kolibakterien zum Krankheitsgeschehen beitragen, zusätzlich zu gegebener genetischer Veranlagung“, sagt Dr. Roland Bücker, Erstautor der Studie. Bakterien, die die abdichtende Funktion der Darmschleimhaut schädigen, wie Alpha-Hämolysin tragende E. coli, werden bei der künftigen Betrachtung entzündlicher Darmerkrankungen von größerer Bedeutung sein.

Die vorliegende Studie liefert zudem Grundlagenwissen, um neue Therapiemethoden wie die Bakteriotherapie oder gezielte Impfungen zu entwickeln.

*Roland Bücker, Emanuel Schulz, Dorothee Günzel, Christian Bojarski, In-Fah Lee, Lena J. John, Stephanie Wiegand, Traute Janßen, Lothar H. Wieler, Ulrich Dobrindt, Lothar Beutin, Christa Ewers, Michael Fromm, Britta Siegmund, Hanno Troeger, Jörg-Dieter Schulzke: α-Haemolysin of Escherichia coli in IBD: a potentiator of inflammatory activity in the colon. Gut, Dec. 2014. doi: 10.1136/gutjnl-2013-306099.

Medizin am Abend DirektKontakt:

Prof. Dr. Jörg-Dieter Schulzke
Medizinische Klinik für Gastroenterologie, Infektiologie und Rheumatologie
Charité – Universitätsmedizin Berlin
t: +49 30 8445 2666
E-Mail: joerg.schulzke@charite.de
Dr. Julia Biederlack Charité – Universitätsmedizin Berlin

Weitere Informationen für Medizin am Abend Beteiligte:
http://www.charite.de
http://gastro.charite.de/klinik/team/klinikleitung/

Was fressen unsere Kühe

Medizin am Abend Fazit: Kein Weidegras in Sicht / Was fressen Kühe, wenn draußen nichts wächst? 

 

Pro Tag frisst eine Kuh rund 50 Kilogramm Futter - und zwar zu jeder Jahreszeit. Derzeit ist das Sommerfutter einer Kuh, frisches Weidegras, nicht verfügbar. "Die Landwirte haben nur zwei Möglichkeiten, das Futter für ihre Tiere haltbar zu machen: Entweder zu Heu trocknen oder zu Silage silieren", so Dr. Maria Linderer von der Landesvereinigung der Bayerischen Milchwirtschaft. Die Herstellung von Heu reicht in der Regel nicht aus, um den Futterbedarf zu decken und die Trocknung ist stark vom Sonnenschein abhängig. Ergänzt wird die Fütterung daher durch sogenannte Silage, diese ist schneller herzustellen und daher witterungsunabhängiger. Außerdem ist sie ein sehr nährstoffreiches Futter.

Milchsäure macht Gras haltbar


 Kein Weidegras in Sicht / Was fressen Kühe, wenn draußen nichts wächst?

 
Zur Herstellung von Silage braucht man ebenso wie für Heu frisch gemähtes Gras oder andere Pflanzen, beispielsweise Mais. Der Vorteil ist, dass das Gras nicht so lange trocknen muss: Es wird kurz nach dem Mähen gepresst oder in einem Silo unter Luftverschluss gelagert. Anschließend beginnen die im Gras enthaltenden Milchsäurebakterien Zucker in Säuren (in erster Linie Milchsäure) umzuwandeln. Dabei fällt der ph-Wert ab, die Silage wird sauer und lange haltbar. Eine ausgewogene Futtermischung enthält sowohl Heu als auch Silage. Maria Linderer erklärt: "Die Gras- oder Maissilage ist sozusagen das Sauerkraut der Kuh, die zu jeder Zeit wertvolle Nährstoffe liefert."


Medizin am Abend DirektKontakt 

Milchland Bayern Diana Dorenbeck / Nicola Wilcke Theresienhöhe 12 80339 München Telefon: 089 59042 - 1158 Fax: 089 59042 - 1100

Anabolika - mit Bedacht zu betrachten

Medizin am Abend Fazit: Unfruchtbarkeit, Impotenz, Damenbart und Akne Die dunklen Seiten der Anabolika

Testosteron und seine Abkömmlinge, die anabolen androgenen Steroide (AAS), fördern nicht nur den Aufbau der Muskeln, sondern angeblich auch die sexuelle Leistungsfähigkeit von Männern und Frauen. Das jedenfalls versprechen viele Anbieter von Anabolika im Internet. Sie verschweigen dabei, dass Anabolika negative Auswirkungen auf Potenz und Sexualleben haben können. Auch die Hoffnung auf einen schöneren Körper kann schnell enttäuscht werden, wenn sich unter hohen Dosierungen gefährliche Nebenwirkungen entwickeln, warnen Experten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) im European Journal of Endocrinology. 
 
Testosteron wird natürlicherweise im Hoden gebildet und fördert nicht nur die Bildung der Spermien, sondern ist auch für die Ausbildung und Erhaltung des männlichen Körpers verantwortlich. Wird das Hormon oder eines seiner Varianten von außen zugeführt, kann dies schnell die gegenteilige Wirkung haben. „Ab einer gewissen Dosis wird die Spermienbildung so weit gedrosselt, dass die Männer unfruchtbar werden“, erklärt Professor Dr. med. Dr. h. c. Eberhard Nieschlag. „Testosteron ist deshalb sogar als Verhütungsmittel für den Mann in der Diskussion“, fügt der ehemalige Direktor des heutigen Centrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie am Universitätsklinikum Münster hinzu, der als Spezialist im Einsatz von Testosteron bei Erkrankungen mit Unterfunktion der Hoden gilt.

Einen chronischen Missbrauch des Hormons kann der international renommierte Experte manchmal an der Größe der Hoden erkennen. „Da 95 Prozent des Hodens aus den Samenkanälchen bestehen, tritt mit dem Mangel an Spermien auch ein Schrumpfungsprozess der Hoden ein“, erklärt Professor Nieschlag. Betroffen sind aber nicht nur die Hoden. Bei einigen Anabolika-Anwendern komme es auch zu einem Verlust von Libido und Erektionsfähigkeit. Der Endokrinologe erklärt dies mit der Verstoffwechselung einiger Anabolika zu Östrogenen. Ein Überschuss dieser weiblichen Hormone kann dazu führen, dass nicht nur die Muskeln wachsen, sondern sich auch eine weibliche Brust (Gynäkomastie genannt) bildet.

Auch bei Frauen ist die regelmäßige Einnahme von muskelfördernden AAS häufig mit Störungen der Fruchtbarkeit verbunden. „Zyklusstörungen oder ein längeres Ausbleiben der Menstruation sind eine häufige Folge des Anabolikakonsums“, berichtet Dr. med. Elena Vorona vom Zentrum für Endokrinologie, Diabetologie und Rheumatologie in Dortmund. Starke sportliche Aktivität aber auch Essstörungen können die Fruchtbarkeit weiter beeinträchtigen, erklärt die Mitautorin des Fachartikels. Der Einfluss der einzelnen Faktoren sei für Reproduktionsmediziner häufig schwer voneinander zu trennen. Auffällig sei aber, dass sportliche Frauen mit Anabolikamissbrauch oft die geringsten Chancen auf eine Schwangerschaft haben.

Äußerst störend sind für viele Frauen auch die Auswirkungen von Anabolika auf die Haut. Die vermehrte Talgproduktion führt zu einer fettigen Haut, die zur Akne neigt. Viele Frauen leiden auch darunter, dass Anabolika Bartwuchs fördern. Gleichzeitig komme es zum vermehrten Ausfall der Haupthaare. Auch eine Verkleinerung der Brüste könne das Selbstbild vieler Frauen stören. Die meisten dieser Wirkungen bilden sich nach dem Absetzen der Hormone zurück, erklärt die Expertin. Eine Vertiefung der Stimme, die auf einer Vergrößerung des Kehlkopfs beruht, bleibe allerdings bestehen.

Andere Risiken, die Androgenen häufig nachgesagt werden, haben sich in Studien nicht bestätigt. Die Anabolika führten weder zur Vergrößerung der Prostata noch kommt es hier häufiger zum Auftreten neuer Krebserkrankungen. Auch bei Frauen, welche Androgene zum Doping zugeführt haben, gebe es keinen Hinweis auf ein erhöhtes Brustkrebsrisiko. Es kann jedoch zu schweren Schädigungen von Leber, Herz und Psyche kommen, berichtet DGE-Mediensprecher Professor Dr. med. Dr. h. c. Helmut Schatz, Bochum: „In den Händen eines versierten Arztes sind Testosteron-Präparate ein sicheres Medikament. Die Einsatzgebiete reichen von der gezielten Einleitung der Pubertät bei Entwicklungsstörungen von Knaben bis zur gezielten Behandlung des Androgenmangels im Alter.“

Literatur:
Nieschlag E., Vorona E.: Mechanism in Endocrinology: Medical consequences of doping with anabolic androgenic steroids (AAS): effects on reproductive functions. Eur J Endocrinol. 2015 Mar 24. pii: EJE-15-0080. Artikel: http://eje-online.org/content/early/2015/03/24/EJE-15-0080.long

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Medizin am Abend DirektKontakt

Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE)
Dagmar Arnold
Postfach 30 11 20
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Telefon: 0711 8931-380
Fax: 0711 8931-167
arnold@medizinkommunikation.org
http://www.endokrinologie.net

Blutgerinnungshemmer bei schwerer Influenza-Infektionen / Grippe?

Medizin am Abend Fazit: Blutgerinnungshemmer gegen Grippe

Forscher des INRA [1], des INSERM [2] und der Universität Claude Bernard Lyon 1 haben herausgefunden, dass Blutplättchen eine wichtige Rolle bei grippevirusbedingten Lungenentzündungen spielen. Sie konnten nachweisen, dass blutgerinnungshemmende Medikamente bei schweren Formen der Grippe wirksam sind. Ihre Ergebnisse wurden am 1. April 2015 in der Fachzeitung American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine veröffentlicht. 
 
Weltweit erkranken jährlich drei bis fünf Millionen Menschen an schwerer Grippe, 250 000 bis 500 000 davon mit Todesfolge.




Die Forscher untersuchten die Rolle der Blutplättchen (Thrombozyten) [3] bei grippalen Virusinfektionen an Mäusen. Dabei konzentrierten sie sich vor allem auf die Mechanismen, die für schwere Pneumonien verantwortlich sind, zu der es bei den schwersten Fällen kommt. Sie konnten einen massiven Strom an aggregierten und aktivierten Blutplättchen nachweisen und somit ihre direkte Beteiligung an den Prozessen, die mit einer schweren Pneumonie einhergehen.

In einem zweiten Schritt wiesen sie die Verbindung zwischen Thrombozytenaktivierung und Ausbildung der schweren Pneumonie nach: Bei Überaktivierung der Blutplättchen stieg die Sterblichkeit. Wiesen die Mäuse jedoch eine Fehlfunktion der Thrombozyten auf, waren sie geschützt. Sie konnten damit den positiven Einfluss von Blutgerinnungshemmern auf schwere Fälle von Pneumonien nachweisen. Bei der Verabreichung einer subletalen Dosis des Virus (Sterblichkeitsrate bei 50%) konnte eine Überlebensrate von fast 100% erreicht werden.

Diese Arbeiten zeigen, dass Blutgerinnungshemmer zur Entwicklung von Medikamenten für die Behandlung schwerer Influenza-Infektionen genutzt werden können. In einem nächsten Schritt müssen diese Ergebnisse aus der biologischen Forschung in der klinischen Forschung überprüft werden, um ihre wirksame Anwendung beim Menschen zu testen.

[1] INRA - Institut für Agrarforschung
[2] INSERM - Institut für Gesundheit und medizinische Forschung
[3] Blutplättchen sind wichtig für die Blutgerinnung.

Quelle: "Des antiplaquettaires pour limiter la sévérité de la grippe", Pressemitteilung des INSERM, 02.04.2015 - http://presse-inserm.fr/des-antiplaquettaires-pour-limiter-la-severite-de-la-gri...



Medizin am Abend DirektKontakt

Übersetzerin: Jana Ulbricht, jana.ulbricht@diplomatie.gouv.fr

Marie de Chalup Wissenschaftliche Abteilung Wissenschaftliche Abteilung, Französische Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland

Pariser Platz 5
10117 Berlin
Deutschland
Berlin
E-Mail-Adresse: sciencetech@botschaft-frankreich.de
Telefon: 030 / 59 00 39 262
Fax: 030 / 59 00 39 265
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Ausbildung bei der Berliner Feuerwehr

Krebs: Xenon-Kernspintomographie

Medizin am Abend Fazit: Krebs: Zuckermoleküle weisen den Weg

Ob Körperzellen krankhaft entarten, kann man im Prinzip schon auf ihrer
Oberfläche anhand veränderter Zuckerverbindungen ablesen. Wissenschaftlern
am Leibniz-Institut für Molekulare Pharmakologie (FMP) ist es nun
gelungen, Zellen mit bestimmten Zuckerverbindungen mittels der neuartigen
Xenon-Kernspintomographie zu lokalisieren.

Das eröffnet die Möglichkeit, Krebs- und Entzündungsherde auch tief in den Gewebsschichten aufzuspüren.

Myome - Gutartige Gebärmuttertumore - Hochintensiven fokussierten Ultraschall (HIFU)

Medizin am Abend Fazit: Kein Schnitt, keine Narbe: Gutartige Gebärmuttertumore ohne OP mit Ultraschall behandeln

Gutartige Geschwulste in der Gebärmutter, sogenannte Myome, gehören bei Frauen zu den häufigsten Tumoren. Etwa jede vierte Frau im gebärfähigen Alter ist betroffen. In der Regel sind Myome nicht behandlungsbedürftig, doch bei zehn bis zwanzig Prozent der Patientinnen verursachen sie Beschwerden. Diesen Frauen können Ärzte nun mit dem sogenannten Hochintensiven fokussierten Ultraschall helfen. Hiermit zerstören sie Myome ohne Schnitt oder Punktion durch die intakte Haut. Mit der Technik ließen sich Operationen und in einigen Fällen auch die Entfernung der Gebärmutter vermeiden, betonen Experten der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). 
 
„Große Myome oder solche, die ungünstig in der Gebärmutter liegen, können zu Menstruationsstörungen führen oder Grund für unregelmäßige, starke oder lang anhaltende Regelblutungen sein“, erläutert DEGUM-Experte Professor Dr. med. Holger Strunk, Oberarzt in der Radiologischen Universitätsklinik Bonn.

Eine neuartige Methode, Myome zu beseitigen, bietet der „Hochintensive fokussierte Ultraschall“: der Ultraschallkopf bündelt die hochenergetischen Schallwellen wie bei einem Hohlspiegel in einem Brennpunkt innerhalb des menschlichen Körpers. Durch die Absorption der Ultraschallwellen entsteht Wärme, die das Gewebe im Fokus des HIFU auf über 60 Grad erhitzt. Bei diesen Temperaturen gerinnt das Eiweiß, und die Zellen der Geschwulste sterben ab. „Ein großer Vorteil ist, dass die Gebärmutter erhalten bleibt und die Frauen nach wie vor schwanger werden können.

In Einzelfällen wird eine Schwangerschaft durch das Abtragen eines Myoms sogar überhaupt erst möglich“, erklärt Strunk. Zudem erfolge die Behandlung ambulant. „Anstelle einer Vollnarkose bekommen die Patientinnen ein Beruhigungsmittel und sie können nach ein bis zwei Tagen wieder ihren Alltagsgeschäften nachgehen“, so der Experte.

Üblicherweise behandeln Ärzte Myome operativ, entweder indem sie die ganze Gebärmutter herausnehmen oder die Myome einzeln abtragen. Je nachdem wie groß die Tumore sind und wo sie sich in der Gebärmutter befinden, kommen hierfür offene Operationen, „laparoskopische“ Eingriffe mittels Bauchspiegelung oder Behandlungen über die Scheide in Frage.

Eine weitere Behandlungsmethode ist die so genannte „Myomembolisation“: Hierbei führen Ärzte über die Leiste einen Katheter ein. Über ihn verstopfen sie die Gefäße, die das Myom mit Blut versorgen, mittels winziger Kunststoffkügelchen. Das Myom wird von der Blutversorgung abgeschnitten und stirbt allmählich ab. „Allerdings muss die Punktionsstelle durch einen Druckverband versorgt werden und die Patientinnen werden während der Behandlung einer potentiell schädigenden Röntgenstrahlung ausgesetzt“, erläutert Strunk.

HIFU kommt hingegen ohne den Einsatz von Röntgen aus. Seit knapp einem Jahr steht Professor Strunk und seinen Kollegen in Bonn ein HIFU-Gerät zur Verfügung, bei dem sowohl die Steuerung als auch die Behandlung mittels Ultraschall erfolgt. „Das ist insofern etwas Besonderes, als das bislang alle anderen HIFU-Geräte in Deutschland mit Magnetresonanztomografie, auch „MR“ genannt, gesteuert werden“, erklärt Dr. med. Dr. rer nat. Milka Marinova, Assistenzärztin in der Radiologischen Universitätsklinik Bonn. Die Ultraschallsteuerung biete den Vorteil, dass die Ärzte während der Behandlung Atmung und Bewegung der Patienten berücksichtigen können. „So stellen wir sicher, dass kein umliegendes, gesundes Gewebe geschädigt wird“, erläutert Marinova. Zudem sei das Ultraschall-gesteuerte Gerät leistungsstärker. „Die Behandlung geht schneller und wir können mitunter Myome behandeln, die mit MR-gesteuerten Geräten nicht zugänglich sind“, so die Expertin.

Allerdings kommen nicht alle Patientinnen für eine Behandlung mit HIFU in Frage.

Idealerweise sollten die Patientinnen nicht mehr als fünf Myome haben, die jeweils nicht größer als zehn Zentimeter sind. Außerdem gehört die Therapie bislang nicht zu den Standardleistungen der gesetzlichen Krankenkassen. „Die Kassen entscheiden nach Anfrage im Einzelfall, ob sie die Kosten übernehmen“, erklärt Marinova.

Auch bei anderen Krankheitsbildern kommt HIFU zum Einsatz. So hat sich die Methode als wertvolle Therapie bei der Adenomyose erwiesen. Bei dieser Erkrankung, einer Form der Endometriose, verursachen kleine Inseln von Gebärmutterschleimhaut innerhalb der Gebärmuttermuskulatur Schmerzen. Auch setzen Ärzte ultraschall-gesteuerten HIFU erfolgreich zur Schmerzbehandlung bei nicht operablen Pankreaskarzinomen oder bei Lebertumoren ein. Urologen nutzen die Methode seit Beginn des Jahrtausends zur Therapie der krankhaft vergrößerten Prostata und des Prostatakrebs. „Medizinischer Ultraschall ist sehr viel mehr als ein diagnostisches Instrument“, betont DEGUM-Präsident Professor Dr. med. Dirk Becker. Besonders bei der Behandlung von Krebserkrankungen biete HIFU in der Zukunft noch große Chancen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM) bietet ein Forum für den wissenschaftlichen und praktischen Erfahrungsaustausch auf dem Gebiet des medizinischen Ultraschalls. Sie vereint mehr als 9 000 Ärzte verschiedener Fachgebiete, medizinische Assistenten, Naturwissenschaftler und Techniker. Ultraschalldiagnostik ist heute das am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren in der Medizin. Ultraschallanwendern bescheinigt die DEGUM eine entsprechende Qualifikation mit einem Zertifikat der Stufen I bis III. DEGUM zertifizierte Ärzte finden Patienten im Internet unter: http://www.degum.de

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Medizin am Abend DirektKontakt 

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360° TOP-Hinweis: Früherkennung von Darmkrebs (International)

Medizin am Abend Fazit: Neue Kurzinformation veröffentlicht: "Früherkennung von Darmkrebs – soll ich daran teilnehmen?"

Verständlich und kompakt – das neue Informationsblatt von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung steht jetzt kostenlos zum Ausdrucken bereit. 
 
Auf zwei Seiten vermittelt die Kurzinformation, welche Untersuchungen zur Früherkennung von Darmkrebs empfohlen werden, welchen Nutzen sie haben können und welche Beeinträchtigung sie möglicherweise mit sich bringen. Interessierte erfahren außerdem, was bei der Entscheidung zu bedenken ist, und finden wichtige Fakten sowie praktische Tipps.

Einige Untersuchungen zur Früherkennung von Darmkrebs gehören zum Angebot der Gesetzlichen Krankenversicherung: der Test auf verborgenes Blut im Stuhl und die große Darmspiegelung. Beide Angebote richten sich an Menschen ohne Beschwerden. Sie können in manchen Fällen helfen, den Tod durch Darmkrebs oder das Entstehen von Darmkrebs zu verhindern. Andererseits können falsche Testergebnisse unnötig beunruhigen. Und die Untersuchungen verursachen in seltenen Fällen Komplikationen, die behandelt werden müssen. Zudem werden weitere Tests als Selbstzahlerleistung angeboten, deren Nutzen bislang nicht oder nicht ausreichend erwiesen wurde.

Die Reihe "Kurzinformationen für Patienten" entwickelt das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin im Auftrag der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung.

Zu ausgewählten Themen liegen Übersetzungen in Arabisch, Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch und Türkisch vor.

Die Kurzinformation "Früherkennung von Darmkrebs – Soll ich daran teilnehmen?" sowie Informationen zu über 40 weiteren Themen können Sie hier abrufen.

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Corinna Schaefer M.A.
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Weitere Informationen für Medizin am Abend Beteiligte:
http://www.patienten-information.de/mdb/downloads/kip/aezq-version-kip-frueherke... Kurzinformation für Patienten "Früherkennung von Darmkrebs"

http://www.patienten-information.de/kurzinformation-fuer-patienten/darmkrebs/que... Methodik und Quellen

http://www.patinfo.org Übersicht: Kurzinformationen für Patienten auf Patienten-Information.de

Menthol-Raucher

Medizin am Abend Fazit: Menthol-Raucher inhalieren tiefer / Ein weiterer Grund für das ohnehin vorgesehene Verbot von Menthol-Zigaretten

Bislang gingen Wissenschaftler davon aus, dass Menthol-Zigaretten aufgrund ihres Aromas den Einstieg in das Rauchen erleichtern. In der EU sollen sie deshalb ab 2020 verboten werden. Wie die "Apotheken Umschau" berichtet, kommt nun ein starkes Argument für das Verbot hinzu: Forscher der Georgetown-Universität in Washington (USA) präsentierten Studienergebnisse, wonach das Menthol auch die Empfindlichkeit bestimmter Rezeptoren in den Atemwegen senkt. Auf diese Weise könnten Raucher tiefer inhalieren und den Rauch extrem weit in die Lungen befördern. Damit wären Menthol-Zigaretten auch besonders gesundheitsschädlich.

Das Gesundheitsmagazin "Apotheken Umschau" 2/2015 A liegt in den meisten Apotheken aus und wird ohne Zuzahlung zur Gesundheitsberatung an Kunden abgegeben.

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Ruth Pirhalla Tel. 089 / 744 33 123 Fax 089 / 744 33 459 E-Mail: pirhalla@wortundbildverlag.de www.wortundbildverlag.de www.apotheken-umschau.de

360° TOP-ThemenDiskussion: eZigarette . / . E-Shishas

Ausgangspunkt: Stellungnahme des BfR zum Jugendschutz bei eZigaretten umstritten

In der gestrigen Pressekonferenz der Bundesregierung zur Verbesserung des Jugendschutzes wurde als Begründung für eine gesetzliche Neuregelung eine wissenschaftliche Stellungnahme zitiert, die angeblich ein hohes Gefährdungspotential der eZigarette für die Gesundheit der Konsumenten nachweist, sowohl bei Jugendlichen als auch bei Erwachsenen.

Die Stellungnahme stammt vom Bundesinstitut für Risikobewertung BfR 


http://www.bfr.bund.de/cm/343/nikotinfreie-e-shishas-bergen-gesundheitliche-risiken.pdf
 
Der VdeH hat in seiner gestrigen Stellungnahme die Maßnahmen der Regierung begrüßt und sieht seit Jahren die absolute Notwendigkeit für eine Ausweitung des Jugendschutzes. Die vom BfR zur Begründung vorgebrachten Untersuchungen hingegen weisen Ergebnisse aus, die höchst umstritten sind.

Pharmakologe antwortet dem BfR

In einem öffentlichen Brief an das BfR vom 24. April bezeichnet der renommierte Toxikologe und Pharmakologe Prof. Dr. Mayer von der Uni Graz die zitierten Untersuchungen als wissenschaftlich fragwürdig und attestiert dem Institut eine vorgefasste Meinung, die mittels der ausgewählten Belege gestützt werden soll.

"Die zitierten Referenzen wurden sorgfältig in Hinblick auf Unterstützung Ihrer vorgefassten Meinung ausgewählt, Verweise auf die zahlreichen Studien, die dieser widersprechen fehlen. Wohlwollend konnte man das als "cherry picking" bezeichnen, drastischer als wissenschaftliches Fehlverhalten (scientific misconduct)." 

Link zum Brief/Gutachten

https://drive.google.com/file/d/0B1XBejPbx-nhSUhCX1ktc1M3Snc/view?pli=1


Und weiter:

"Es ist besorgniserregend, dass eine renommierte, durch öffentliche Gelder finanzierte Institution wie das BfR die Bevölkerung wissentlich in die Irre führt, um nicht zu sagen belügt. Im folgenden erlaube ich mir, zwei wesentliche Punkte Ihrer Stellungnahme, und zwar die Entstehung von Carbonylverbindungen und die Gefährdung durch Feinpartikel anhand der Fakten zu widerlegen."

Faktendiskussion dringend geboten

Der VdeH verlinkt das Schreiben von Prof. Mayer, da eine faktenbasierte Diskussion zur eZigarette auch gestern nicht geführt worden ist. Das tatsächlich richtige Ziel, den Jugendschutz auf die eZigarette auszuweiten, wurde benutzt, um erneut haltlose Behauptungen zur Gesundheitsgefährdung der eZigarette aufzustellen. Hier ist eine weiterführende Diskussion, die sich um die wirklichen Fakten bemüht, dringend geboten. 



Medizin am Abend DirektKontakt

Philip Drögemüller Verband des eZigarettenhandels Tel: 04105-8598723 Fax: 04105-8598790 

Köpfe von Neugeborenen

Medizin am Abend Fazit: Enge Becken, große Köpfe und die schwierige Geburt beim Menschen

Unter dem menschlichen "Geburtsdilemma" versteht man die Tatsache, dass die Köpfe von Neugeborenen im Verhältnis zum engen Geburtskanal des weiblichen Beckens sehr groß sind. Dieser Umstand macht den Geburtsvorgang langsam und schwierig – viel schwieriger als bei den meisten anderen Primatenarten. Barbara Fischer und Philipp Mitteröcker (Department für Theoretische Biologie der Universität Wien und CEES, Department of Biosciences, Universität Oslo) konnten nun zeigen, dass es bislang unbekannte Anpassungen in unserem Körperbau gibt, die das Geburtsdilemma erleichtern. Dazu publizieren die ForscherInnen in der renommierten Fachzeitschrift "PNAS".

Aufrechter Gang und eine schwierige Geburt


Der Schädel eines Neugeborenen, der bei der Geburt durch das weibliche Becken passen muss, ist im Verhältnis zum Durchmesser des Geburtskanals so groß, dass die Passage schwierig und eng ist.

Der Schädel eines Neugeborenen, der bei der Geburt durch das weibliche Becken passen muss, ist im Verhältnis zum Durchmesser des Geburtskanals so groß, dass die Passage schwierig und eng ist.


Als im Lauf der Hominidenevolution vor 4-5 Millionen Jahren der aufrechte Gang entstand, veränderte sich auch die Form des menschlichen Beckens. Erst nachdem der aufrechte Gang lange etabliert war, nahmen die Gehirne nach und nach an Volumen zu.

Damit wurden auch die Köpfe der Neugeborenen größer. Diese wachsenden Köpfe mussten aber durch ein enges Becken hindurch geboren werden, das bereits an den aufrechten Gang angepasst war. Darin liegt die Ursache dieser platzmäßigen Engstelle bei der Geburt, mit der wir heute zurechtkommen müssen und die schwerwiegende Konsequenzen haben kann: Die Mortalität von Frauen in Entwicklungsländern, die bei der Geburt keinen entsprechenden Zugang zu medizinischer Versorgung haben und wo keine Kaiserschnitte durchgeführt werden können, ist nach wie vor sehr hoch.

Analyse von 3D Daten

Barbara Fischer, Evolutionsbiologin an der Universität Wien und an der Universität Oslo, hatte die Idee, die Auswirkungen dieser andauernden starken Selektion durch die Geburt auf den menschlichen Körperbau näher zu untersuchen. Zusammen mit Philipp Mitteröcker, Anthropologe an der Universität Wien, analysierte sie 3D Daten des menschlichen Beckens. Mithilfe dieser Daten konnten Fischer und Mitteröcker eine komplexe Verbindung zwischen der Gestalt des Beckens, der Körpergröße und dem Kopfumfang identifizieren, die dazu beiträgt, das Geburtsdilemma zu verbessern. Die Dimensionen von Kopf und Körpergröße variieren laut diesen Ergebnissen nicht unabhängig von der Gestalt des Beckens der Frauen, sondern sind damit verknüpft.

Kopf und Körpergröße

Da die Größe des menschlichen Kopfes zu einem sehr hohen Anteil genetisch bestimmt und daher erblich ist, bringen Frauen mit großen Köpfen tendenziell Neugeborene mit großen Köpfen zur Welt. "Wir fanden heraus, dass Frauen mit großen Köpfen einen Geburtskanal besitzen, der so geformt ist, dass ihn Neugeborene mit großen Köpfen leichter passieren können", erklärt Barbara Fischer: Das Kreuzbein ist bei diesen Frauen kürzer und lässt mehr Platz im Geburtskanal, was offensichtlich für die Geburt von Vorteil ist.

Aus der gynäkologischen Literatur ist bekannt, dass kleine Frauen im Vergleich zu großen Frauen im Durchschnitt schwierigere Geburten haben und ein höheres Risiko tragen, dass der Fötus bei der Geburt nicht durch den Geburtskanal passt. In ihrer Studie zeigen Fischer und Mitteröcker, dass kleine Frauen außerdem einen runderen Geburtskanal besitzen als große Frauen – eine Anpassung an den stärkeren Selektionsdruck, dem kleine Frauen ausgesetzt sind.

Trotz der identifizierten Muster stellen die Autoren klar, dass das individuelle Risiko für eine schwierige Geburt neben genetischen Faktoren von diversen Umweltfaktoren abhängt.

Publikation in PNAS
Covariation between human pelvis shape, stature, and head size alleviates the obstetric dilemma Fischer B., Mitteroecker P. 2015 PNAS am 20. April. 2015. doi:10.1073/pnas.1420325112


Die AutorInnen der Studie: Barbara Fischer, Philipp Mitteröcker



Die AutorInnen der Studie: Barbara Fischer, Philipp Mitteröcker
Copyright: Maximilian Petrasko

Medizin am Abend DirektKontakt

Dr. Barbara Fischer
Department für Theoretische Biologie
Universität Wien
1090 Wien, Althanstraße 14
und
Centre for Ecological and Evolutionary Synthesis.
Department of Biosciences
University of Oslo
NO-0316 Oslo, Norwegen
M +43-650-9904904
b.fischer@univie.ac.at

Mag. Veronika Schallhart
Forschung und Lehre
1010 Wien, Universitätsring 1
T +43-1-4277-175 30
M +43-664-602 77-175 30
veronika.schallhart@univie.ac.at

Stephan Brodicky Universität Wien
 

Lungenschonende Beatmung

Medizin am Abend Fazit: Lungenschonende Beatmung: Risiko von Komplikationen während und nach einer Operation minimieren

Weltweit werden jährlich 234 Millionen Patienten operiert [1]. In Deutschland wird allein bei rund 15,8 Millionen das Skalpell angesetzt [2]. Werden die Eingriffe unter Vollnarkose durchgeführt, ist eine künstliche Beatmung notwendig. Um dies möglichst schonend für den Patienten zu gestalten und um Komplikationen vorzubeugen, entwickeln Anästhesisten und Intensivmediziner Beatmungstechniken konsequent weiter. 
 
Eine aktuelle Studie [3] zeigt nun, dass es eine wesentliche Rolle spielt, wie Patienten während der Operation beatmet werden. „Durch einen flachen Atemzug und einen niedrigen Ausatemdruck lassen sich unerwünschte Folgen minimieren“, erklärt Professorin Dr. med. Thea Koch, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und Kongresspräsidentin des diesjährigen Jahreskongresses (DAC).

Die Intensivmedizin stellt den Bereich im Krankenhaus dar, der sich mit der Therapie lebensbedrohlicher Zustände und Krankheiten befasst. Oberstes Ziel ist die Sicherung der lebenswichtigen Körperfunktionen, den sogenannten Vitalfunktionen. Ein wesentlicher Aspekt hierbei ist die künstliche Beatmung. Verbunden mit der Narkose stellt diese während der Operation eine Ausnahmesituation für den Körper dar. Naturgemäß birgt jeder Eingriff ein gewisses Risiko, dass es zu einer Komplikation kommen kann. Zu den häufigsten Problemen nach großen Operationen gehören Lungenkomplikationen mit Atembeschwerden. Nicht immer lassen sich diese unerwünschten Folgen auf die eigentliche Operation zurückführen, sondern können wie man nun weiß auch mit der Art der Beatmung zusammenhängen.

Neueste Erkenntnisse empfehlen schonendere Beatmung

Bislang wurden Patienten in Narkose häufig mit tieferen Atemzügen und einem Ausatemdruck von etwa drei bis zwölf Zentimeter Wassersäule (Einheit zur Messung) beatmet. Ziel dieser Einstellung war es, die Lunge gut zu belüften und während der gesamten Beatmungszeit einen positiven Druck in den Atemwegen aufrechtzuerhalten. Während man bis dato davon ausging, dass dieser Druck nötig ist, um die Atemwege offen zu halten und somit den Körper optimal mit dem lebensnotwendigen Sauerstoff zu versorgen, eröffnen die Ergebnisse der PROVHILO-Studie neue Erkenntnisse in diesem Bereich: Tatsächlich kann die Sauerstoffversorgung auch bei flachen Atemzügen mit einem geringeren Ausatemdruck gewährleistet werden. Dies beeinträchtigt außerdem weniger stark die Herzkreislauffunktion.

Je weniger Druck, desto besser

In der PROVHILO-Studie wurden 900 Patienten dahingehend untersucht, wie sie ihre Beatmung während einer Bauchraumoperation verkraftet haben [3]. Beteiligt waren 30 Zentren in Europa sowie Nord- und Südamerika. 447 Patienten wurden mit einem höheren Ausatemdruck von ca. 12 Zentimeter Wassersäule beatmet, die übrigen 453 Patienten im Vergleich dazu mit einem deutlichen niedrigeren Druck von null bis zwei. Herausgestellt hat sich dabei, dass die Patienten, die mit einem niedrigeren Druck beatmet wurden, nicht nur einen stabileren Kreislauf während der Operation aufwiesen, sondern auch danach von der schonenderen Beatmung profitierten – sie zeigten keine erhöhten Komplikationen. Ein überraschendes Ergebnis, wie Frau Professor Koch feststellt: „Die Studie zeigt, dass die bislang gängige Praxis neu überdacht werden muss und ein höherer Beatmungsdruck nicht zwangsweise einen positiven Effekt hat.“ Zusammen mit Erkenntnissen anderer Studien ergibt sich die Schlussfolgerung, dass während einer Operation eine lungenschonende Beatmung mit flachem Atemzug in Kombination mit einem niedrigen Ausatemdruck den optimalen Schutz vor Kreislauf- und Lungenkomplikationen während und nach einer Operation ermöglicht. Empfehlungen, die nach aktueller Studienlage, für normalgewichtige Patienten ohne vorbestehende Lungenerkrankung gelten.

Höhere Patientensicherheit: DGAI begrüßt Weiterentwicklungen

„Jede neue Erkenntnis ist wertvoll und wird die Forschung auf diesem Gebiet weiter vorantreiben“, betont Professor Dr. Hugo Van Aken, DGAI-Generalsekretär. In den nächsten Jahren soll untersucht werden, welche Rolle der Beatmungsdruck bei einer Operation im Brustkorb spielt und in welchem Ausmaß Patienten mit Fettleibigkeit (Adipositas) von einem niedrigen Beatmungsdruck profitieren. Die DGAI begrüßt diese Entwicklung: „Eine hohe Versorgungsqualität und Patientensicherheit sowie effiziente, problemorientierte Lösungen für die zahlreichen Herausforderungen in der Anästhesiologie und Intensivmedizin sind unser Ziel. Daran gilt es gemeinsam zu arbeiten“, führt Professor Van Aken weiter aus.


Weitere Informationen im Internet:
Deutscher Anästhesiecongress (DAC) 2015 in Düsseldorf
http://www.dac2015.de.

Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und lntensivmedizin e. V. http://www.dgai.de

Veranstaltung auf dem DAC 2015 zum Thema:

„Prävention pulmonaler Komplikationen durch protektive Ventilation“
Sonderveranstaltung: Anästhesie und Outcome

Vorträge:
Prof. Dr. med. Marcelo Gama de Abreu, Dresden
Prof. Dr. med. Andreas Weyland, Oldenburg
Prof. Dr. med. Hartmut Bürkle, Freiburg

Vorsitz:
Prof. Dr. med. Jürgen Weitz, Dresden
Prof. Dr. med. Bernhard Zwißler, München

Termin:
Freitag, 08. Mai 2015, 09.00 bis 10.30 Uhr (Vortrag zur Prävention pulmonaler Komplikation von 9:00 bis 9:30 Uhr)
Ort:
Congress Center Düsseldorf, Saal 19,
Stockumer Kirchstraße 61, 40474 Düsseldorf

Über die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e. V. (DGAI):

Die im April 1953 gegründete Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und lntensivmedizin e. V. (DGAI) vereinigt über 14.685 Mitglieder und ist damit die drittgrößte medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft Deutschlands. Nach ihrer Satzung hat sie die Aufgabe, „Ärzte zur gemeinsamen Arbeit am Ausbau und Fortschritt der Anästhesiologie, lntensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie zu vereinen und auf diesen Gebieten die bestmögliche Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen“. Gemeinsam mit dem Berufsverband Deutscher Anästhesisten e. V. (BDA) trägt die DGAI die Deutsche Akademie für Anästhesiologische Fortbildung e. V. (DAAF), die regelmäßig Weiter- und Fortbildungsveranstaltungen für Anästhesisten durchführt. Die DGAI veranstaltet jährlich den Deutschen Anästhesiecongress (DAC), den Hauptstadtkongress der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (HAI) und richtet darüber hinaus internationale Anästhesiekongresse aus. Präsidentin der DGAI ist Prof. Dr. med. Thea Koch, Dresden.

Quellen:
[1] Weiser TG, et al. An estimation of the global volume of surgery: a modelling strategy based on available data. Lancet 2008; 372: 139-44.
[2] Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Operationen und Prozeduren der vollstationären Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern, 2013, www.gbe-bund.de, abgerufen am 14.04.2015.


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Weitere Informationen für Medizin am Abend Beteiligte:
http://www.dac2015.de - Kongress-Homepage